Oregonsinfonie für großes Blasorchester (op. 67, 1977)
I. Ouverture, II. Andantino, III. Adagio, IV. Finale
Picc., 2 Fl., 2 Ob., Klar. in Es, 3 Klar. in B, Baß-Klar. in B, 2 Fag., 2 Alt-Sax. in Es, Tenor-Sax in B, Bariton-Sax. in Es, 3 Trp. in B, 4 Hrn. i. F, 3 Pos., Tb., Bariton-Tb. i. B, Baß-Tb., Kb.(E-Bass ad libitum), Schlgzeug <5 Spieler> (Pk., Kl. Tr., Gr. Tr., Vibra, Xyl., Bongos, Holzbl., Tamb., 5 Beck., Beckenpaar, Ratsche, Triangel, Conga, Tamtam, Gong, Tempelblock, Slit Drum, Tomtom, Kastagnetten, Claves, Glocken ad.lib.)
Dauer: 23 Minuten
Southern Oregon State Symphonic Wind Ensemble | Max McKee
Nordbayerisches Jugendblasorchester | Ernst Oestreicher
Titel: - - Umfang: 132 Seiten - Datierung: I. - / II. 22.8.77 /.III. 28.8.77 / IV.10.10.77 Würzburg - Dorfgastein - Aufbewahrungsort:
Schott Music (Partitur und Stimmen sind Kaufmaterial!)
Partitur: ED 51871 SHS 1023 / Stimmen: ED 51872 SHS 1023-50
Druckfehler der 1. Ausgabe: In den Stimmen der Posaune 1, 2 und 3 sind jeweils auf Seite 4, 3. Zeile folgende Fehler zu berichtigen: Im Takt 35 müssen 6 Takte statt 5 Takte Pause gezählt werden. Zwei Takte später müssen 3 Takte statt 4 Takte gezählt werden.
Als Bertold Hummel aus der BRD Oregon zum ersten Mal gesehen hat, stellte er fest, dass diese Landschaft der Vorstellung entspricht, die er sich beim Komponieren seiner neuesten Sinfonie, die Oregon-Sinfonie, gemacht hatte. Am Donnerstag erzählte er, dass das, was er bisher vom Staat gesehen hat, auch Erinnerungen an den Schwarzwald in Deutschland wach rufe.
Hummel ist mit seiner Frau Inken am Mittwochabend in Ashland angekommen, rechtzeitig für die Uraufführung seines neuesten sinfonischen Werkes.
Im Lauf eines am Donnerstag an der Universität Ashlands gegebenen Interviews erinnerte sich Hummel, wie er einen Vorschlag von McKee annahm, die Oregon-Sinfonie für die SOSC-Bläserorchester zu schreiben. Sie wurden sich vor einem Jahr darüber einig, als McKee Hummel zu Hause in Würzburg besuchte. McKee, Director der Bands am Ashland College, genoss zum Zeitpunkt ein Urlaubsjahr und war schon seit mehr als ein Jahrzehnt mit Hummels Musik vertraut. Hummel stimmte dem Auftrag zu, den Titel des Werkes legte er nach eigenen Angaben aber erst später fest. Dieser fiel ihm ein, nachdem er - als Geschenk von McKee - ein Album mit Szenen von Oregon in Aufnahmen von Fotographen Ray Atkenson erhalten hatte. Szenen aus diesem Album, berichtete er, halfen ihm, Inspiration für seine Oregon-Sinfonie zu bekommen . Das 30-minutiges Werk enthält vor allem im ersten Satz mehrere amerikanische Volkslieder, u.a. "Skip to My Lou", "Land of the Empire Builders" (Staatshymne Oregons) und "Tom Dooley."
Hummel lachte beim Erzählen vom Staunen seiner 9-jährigen Söhne, als sie hörten, er würde in die USA nur deshalb reisen, weil er Musik für 30 Minuten geschrieben hatte. "Sie fragten mich", sagte Hummel, "gehst du wirklich den ganzen Weg nach Amerika nur für 30 Minuten?"
Nach Gastauftritten in Oregon will Hummel noch Cleveland, Ohio besuchen und einen Vortrag am Baldwin Conservatory halten. Dann geht es weiter Richtung Potsdam, New York für einen Vortrag an der Crane School of Music.
In Potsdam, fügte Hummel dazu, plane er ein Treffen mit dem amerikanischen Komponisten Aaron Copland, dessen Musik er seit langem bewundere.
Vorwort (Schott Music)
Im Jahre 1977 erhielt Bertold Hummel den Auftrag, für einen USA-Besuch im darauf folgenden Jahr ein größeres Werk für Blasorchester zu schreiben. Ein ihm als Geschenk überlassenes Fotoalbum mit Szenen aus dem Bundesstatt Oregon inspirierte den Komponisten zur Oregonsinfonie op. 67.
Die Uraufführung fand am 7. April 1978 anlässlich eines Kongresses der College Band Directors National Association an der Western Oregon University in Monmouth im Bundesstaat Oregon in Anwesenheit des Komponisten statt.
Im November 1986 veranstalteten der Bayerische Musikrat und der Bayerische Rundfunk in Friedberg einen Konzertabend mit neuen Kompositionen für sinfonisches Blasorchester, um die zeitgenössische Literatur für diesen auch in Deutschland stark aufstrebenden Klangkörper zu bereichern. Das Jugendblasorchester Werneck spielt die vermeintliche Uraufführung des 1. Satzes aus der Oregonsinfonie, von Hummel als Sinfonische Ouvertüre op. 81d bezeichnet. Dieser Satz wird von Hummel selbst ein Jahr später bei einem weiteren Amerikaaufenthalt in Seattle/Washington aufgeführt und im gleichen Jahr bei Schott herausgegeben.
Erst im Nachlass wird die komplette autographe Partitur wieder gefunden. Mit der hier vorliegenden Druckausgabe steht nun neben der Sinfonietta op. 39 (1970) und der Musica urbana op. 81c (1981) das größte symphonische Werk Bertold Hummels für Blasorchester interessierten Dirigenten und Orchestern in einer vorbildlichen Edition zur Verfügung.
Die Sinfonie beginnt im 1. Satz unmittelbar mit einem majestätischen Thema in den Trompeten, das sich durch die gesamte viersätzige Sinfonie zieht und in ständig verändernde Zusammenhänge gestellt wird. Der 2. Satz ist ein ruhig fließendes Scherzo, welches auch das umfangreiche Schlaginstrumentarium in die motivisch-thematische Arbeit mit einbezieht. Eine Reminiszenz an die europäische Heimat ist der 3. Satz. Der vierstimmige Choralsatz von Heinrich Isaac über das Lied "Innsbruck ich muss dich lassen" wird von einem Saxophonquartett wörtlich zitiert, unterbrochen durch meditative Einwürfe der Flöte und Oboe. Im Finalsatz findet Hummel den regionalen Bezug zu seinem Gastland durch Hinzuziehung einiger amerikanischer Volkslieder (Tom Dooley, Skip to my Lou), einer "jazzigen" Episode und der kompletten Hymne des Bundesstaates Oregon.
Mit diesem großen sinfonischen Gesamtrahmen und einer auf historische Traditionen aufbauenden zeitgemäßen, aber stets verständlichen Tonsprache gelingt Hummel eines seiner großen Meisterwerke, das im Repertoire der großen und bedeutenden Harmonieorchester weltweit seinen Platz finden wird.
Ernst Oestreicher (Bundesdirigent des Nordbayerischen Musikbunds e. V.)
Der Erste Satz wird mit einer zwingenden Exposition eines Motivs in den Blechbläsern eröffnet, worauf sofort eine stark kontrastierende Neudarstellung in den Holzbläsern und im melodischen Schlagzeug erfolgt. Die wuchtigen Akkorde des ersten weichen der Ruhe des zweiten Satzes, in dem Isorhythmik als weiteres Mittel der formalen Bindung eingesetzt wird. Der dritte Satz hat als Mittelpunkt den Bach'schen Choral "O Welt, ich muss dich lassen", in dessen Text wir später lesen "Damit fahr ich von hinnen.. " Anbetracht des auffälligen Einsatzes von "Land of the Empire Builders" (Staatshymne Oregons) und zahlreichen amerikanischen Volksliedern im Finale, scheint es naheliegend, dass der Choral im dritten Satz mehrere mögliche, enigmatische Bedeutungen zulässt.
(aus dem Programmheft der Uraufführung)
Werke für (Laien-) Blasorchester
Am Ende der Betrachtungen zu Bertold Hummels Sinfonik ist ein Hinweis auf sein Schaffen für das Laienmusizieren notwendig. Auf diesem Gebiet steht er voll in der Tradition seiner Lehrmeister Genzmer und Hindemith, die ebenfalls die Nähe zur Praxis der nichtprofessionellen Musiker nie verloren. Naturgemäß gilt die Maxime: Je einfacher das Konzept, desto diatonischer und reduzierter sind die Bausteine und Klänge. Der Aspekt der Farbe tritt dann in den Hintergrund und die kompositorische Fraktur wird stärker von zeichnerisch linearen Strukturen bestimmt, die deutlich konventioneller wirken.
Von den sinfonischen Werken zählen die Stücke für Blasorchester zu den einfachen Kompositionen. Ausgesprochen für Laien komponiert wurde die Sinfonietta op. 39, 1970 entstanden, und die Musica Urbana op. 81c, die Hummel 1983 komponierte und die ein Jahr später in seinem Geburtsort Hüfingen unter seiner Leitung mit ortsansässigen Spielern aus der Taufe gehoben wurde. Für etwas gehobenere Ansprüche schuf Hummel 1977 die Oregonsinfonie op. 67, die am 7. April 1978 in Ashland/Oregon (USA) in Anwesenheit des Komponisten zum ersten Mal erklang. Neun Jahre später, anläßlich seiner zweiten USA-Reise, führte Hummel die Sinfonische Ouvertüre op. 81d (den erweiterten ersten Satz der "Oregonsinfonie“) in seinem Gepäck mit und brachte sie am 21. November 1987 in Seattle mit der W.I.B.C Directors Band zur Uraufführung.
Claus Kühnl (in "Die sinfonischen Werke Bertold Hummels", Tutzing, 1998)