BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 92 Zurück zur Verzeichnisliste |
Quattro Pezzi für Schlagzeug solo, op. 92 (1990) I. Prolog II. Allegro con brio III. A la Sarabande Anfang IV. Vivace Anfang
Uraufführung:
28. Juni 1991 / Weilburg / Schloß Instrumentarium: Vibrafon, kl. Trommel, 2 Bongos, 2 Tom-Toms, Bass-Trommel, Tambour de basque, 2 Holztrommeln, 5 Log-drums, 5 Templeblocks, 4 hängende Becken, 1 Nietenbecken, 1 Gong, 1 Tam-Tam, 2 Crotales, 1 chinesischer Operngong mit Aufwärtsglissando, 1 Triangel, 2 Kuhglocken, 1 Vibraslap Aufführungsdauer: 18 Minuten Verlag: Zimmermann Musikverlag Frankfurt ZM 30200 / ISMN: M-010-30200-3
Die
Quattro Pezzi entstanden 1990 für Peter Sadlo. Bertold Hummel
In vier sehr verschieden strukturierten Sätzen werden die Möglichkeiten des Instrumentariums ausgelotet: Vibrafon, kl. Trommel, 2 Bongos, 2 Tom-Toms, Bass-Trommel, Tambour de basque, 2 Holztrommeln, 5 Log-drums, 5 Templeblocks, 4 hängende Becken, 1 Nietenbecken, 1 Gong, 1 Tam-Tam, 2 Crotales, 1 chinesischer Operngong mit Aufwärtsglissando, 1 Triangel, 2 Kuhglocken, 1 Vibraslap. Im Prolog (I.) werden fast ausschließlich Metallklänge verwendet, die sich um das Hauptinstrument Vibrafon gruppieren. Lediglich der 3malige Einsatz von 5 Templeblocks bietet Holzklänge an. Nach mehreren eindringlichen invocativen Gesten setzt im "goldenen Schnitt" des Satzes eine gewisse Beruhigung ein, die in die Anfangsstimmung überleitet ehe ein rhythmischer Kanon zwischen Templeblocks und Triangl den Prolog ausklingen lässt. Das Allegro con brio (II.) wird eröffnet durch markante, pulsierende Bewegungsabläufe auf Fell- und Holzinstrumenten; sparsam hinzugemischt werden Kuhglocken-, Triangl- und Beckenklänge. Über einer 2-tatigen ostinaten Bassfigur, die 28mal erklingt, entwickeln sich an Jazz erinnernde Episoden in der Oberstimme (beides auf dem Vibrafon auszuführen). Nach einem erreichten Höhepunkt wird der Satzanfang wieder in einer erweiterten Metamorphose aufgegriffen. In einem 4. Abschnitt tritt das Vibrafon wieder in den Vordergrund. Kurz vor Ende wird erneut ein dynamischer Höhepunkt erreicht, dem eine kurze, witzige Coda den Charakter des Satzanfangs folgt. A la Sarabande (III.). Der für den aus Spanien stammenden Volkstanz typische Rhythmus bestimmt über weite Strecken diesen ruhigen Satz, der hauptsächlich dem Vibrafon und seinen klanglichen wie technischen Möglichkeiten gewidmet ist. Man könnte von einer Bogenform A-B-C-B-A sprechen, wobei unter A und C der Sarabandenrhythmus präsent ist während unter B eine variable Metrik (3/4,5/8,7/8,2/4) zum Tragen kommt. Mit zarten Beckenklängen verklingt die "Sarabande" im äußersten pp. Ein Trommelmotiv eröffnet den Finalsatz Vivace (IV.). Pochende Achtel und häufiger Taktwechsel sind für diesen turbulenten ersten Satzteil signifikant. Das bis dahin ausgesparte Vibrafon skizziert für 11 Takte eine Marschepisode, die in der Folge immer mehr verfremdet wird bis hin zum doppelten Tempo; der später wieder aufgenommene Marsch erhält nun einen pathetischen Zug zum Maestoso hin. Das anfängliche Trommelmotiv leitet eine Durchführung des 1. Satzabschnittes ein. Als Brücke zur Coda dient die Weideraufnahme einer Vibrafontonfolge aus dem Prolog. Der turbulent wirbelde Schluss ist "vibrafonfrei". Das Werk entstand auf Anregung des Schlagzeugvirtuosen Peter Sadlo und ist auch diesem gewidmet. Bertold Hummel
Presse Üben & Musizieren 5/96 Bertold Hummel (geb. 1925), langjähriger Präsident und Kompositionslehrer der Hochschule für Musik Würzburg, hat schon sehr bald auf der Suche nach „dem Klang unserer Zeit" das unverbraucht gebliebene und schier unerschöpfliche Klangpotential der Percussion für seine Kompositionen entdeckt. So finden sich in seinem Werkverzeichnis u. a. so exemplarische Schlagzeugkompositionen wie Fresken 70 für Schlagzeug-Quartett, 5 Szenen für zwei Schlagzeuger, Aspekte für drei Schlagzeuger, das Konzert für Schlagzeug und Orchester und Quattro Pezzi für Schlagzeug solo. Das Solowerk ist sicher eine konsequente Herausforderung für Hummel, und so hat er für die verschiedensten Soloinstrumente wie z. B. Orgel, Klavier, Flöte, Saxophon oder Tuba komponiert. Um die speziellen Ausdifferenzierungen und die Verbindungen von neuen Spieltechniken, neuen Klangfarben und realisierbarer Virtuosität in sein kompositorisches Metier für Percussionsinstrumente einzubringen, hat Hummel sich durch die Zusammenarbeit und Korrespondenz mit erfahrenen und engagierten Solisten die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. So ist er wie kaum ein anderer Komponist in der Lage, für die einzelnen Spielerlnnen eine Kombination der verschiedenen Schlaginstrumente vorzuschreiben, um so durch Schichtung der verschiedenen Materiale und Klänge neue interessante Klangbilder zu entwerfen. In dem Solowerk Quattro Pezzi hat Hummel 1995 um die „klassischen Schlaginstrumente" wie u. a. Vibraphon, Kleine Trommel, Tom-Toms und Becken eine Reihe von „Exoten" wie chinesischen Operngong, Cowbells, Crotales und Log-drums gruppiert.Die vier Sätze bilden trotz ihres eigenständigen Charakters eine kompositorische Einheit, da die Relation der Sätze zueinander in einer großformalen Konzeption der Einzelsätze ihre Entsprechung findet. Im 1. Satz (Prolog) werden die unterschiedlichen Klanggestalten der vielschichtigen Gesten vom Vibraphon und den Metallidiophonen Becken, Gong und Crotales bestimmt. Im 2. Satz (Allegro con brio) dominiert der Klang der Fellinstrumente, während Metall- und Holzklänge, unterbrochen von zwei Vibraphonpassagen, den toccatahaften Rahmen des Satzes ergänzen. Im 3. Satz (A la Sarabande) hat die Solistin bzw. der Solist Gelegenheit, die Klang-und Spielmöglichkeiten des Vibraphons mit einer weitschwingenden Melodie über einem Sarabandenrhythmus auszuloten. Im Mittelpunkt des 4. Satzes (Vivace) steht eine collagenhafte, chaplineske Marschepisode, die - ungewöhnlich genug – dem Vibraphon übertragen wird, bevor dann letztendlich kurze Zitate aus den vorhergegangenen Sätzen das Werk wirkungsvoll mit einer Stretta beenden. Beeindruckend an diesem Werk ist, daß Hummel neben der zeitlichen Dimension und rhythmischen Akzentuierung das Klangspektrum der Percussion in den Mittelpunkt gestellt hat. Lobenswert außerdem, daß der Komponist diesem Peter Sadlo gewidmeten Solo eine übersichtliche Tabulatur vorangestellt hat, die der Interpretin oder dem Interpreten das Studium des sehr anspruchsvollen Werkes wesentlich erleichtert. Siegfried Fink Münchner Tageszeitung 13.6.1997 Wer kann sich den Finessen von Hummels "Quattro pezzi" entziehen?
Nassauische Presse 1.7.1991 Hier hatte Peter Sadlo reichlich Gelegenheit, sein großes Repertoire an Spiel- und Schlagtechnik auszubreiten. Zwei Sätze lebten vor allem von reizvollen klanglichen Kombinationen und Gegensätzen der einzelnen Instrumente des Schlagwerkes, zwei Sätze stellten den Rhythmus in den Vordergrund. Das Publikum war hingerissen.
Münchner Merkur 13.6.1997 In Hummels "Quattro pezzi" werden 28 Schlaginstrumente klanglich faszinierend ausgereizt. |