BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 78 Zurück zur Verzeichnisliste |
Suite für Violine solo, op 78 (1982)
I. Fantasia II. Vivace III. Metamorphosen Anfang
Widmung: für Joshua Epstein Aufführungsdauer: 19 Minuten Autograph: Verlag: N. Simrock Hamburg-London (Boosey & Hawkes) EE 2941 / ISMN M-2211-0843-2
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein etwas riskantes Unternehmen, nach den für Violine solo geschriebenen Meisterwerken eines J.S. Bach, eines Max Reger und eines Belá Bartók sich erneut kompositorisch mit dieser Werkgattung zu beschäftigen. Es wurde in neuerer Zeit mehrfach versucht, zu neuen Ufern zu gelangen - ausgehend von der in der Avantgarde vielfach üblichen Insdtrumentalverfremdung. Daneben gibt es auch Versuche, bei traditioneller Instrumentalbehandlung zu einer persönlichen Aussage zu gelangen. Um es vorweg zu sagen, ich habe mich für die letztere Möglichkeit entschieden. Auf Anregung von Joshua Epstein, dem das Werk gewidmet ist, entstand die Suite für Violine solo im Jahre 1982 Die drei Sätze Fantasia, Burleske, Metamorphosen seinen kurz beschrieben: Fantasia:
Der ariose Duktus des Anfangs - mit einer Barockfloskel versehen - sowie das Intervall
e´´ - h´´ tauchen im Satzverlauf immer wieder formgliedernd
auf. Gleichbleibende Tonfolgen, ihre möglichen Umkehrungen und Transpositionen
werden in einer Kette von Varianten evolutioniert. Im äussersten pp
verklingt der Satz mit dem dreigestrichenen h. Die Burleske bringt ein unruhiges, virtuoses Element ins Spiel.
Gedanken des 1. Satzes werden wieder aufgegriffen und der Satzstruktur eingegliedert. Wie weit es mir gelungen ist dem Hörer das eben dargelegte verständich zu machen, werden die nächsten 18 Minuten erweisen. Bertold Hummel (Konzerteinführung, München 29.10.1985)
Die »Suite für Violine solo« op. 78 entstand im Jahre 1982
auf Anregung des Geigers Joshua Epstein, dem diese Komposition auch gewidmet
ist. Das Werk liegt ganz auf der Linie der großen klassischen
Solokompositionen für Violine. Gerade im op. 78 wird Hummels großes Können im
Umgang mit dem Instrument deutlich. Er schreibt für das Instrument und nützt
dennoch die große Virtuosität in den Klangmöglichkeiten. Ebenso effektvoll wie
er mit der Violine umgeht, behandelt er auch das zugrundeliegende thematische
Material. Im 1. Satz (»Fantasia«) steht zu Beginn ein mit einer
barocken Floskel versehener Ariosoduktus, der zusammen mit dein Quintmotiv »E -
H« immer wieder formgliedernd auftritt. Hinter diesem Material lassen sich evtl.
Bezüge zu J. S. Bachs Solosuite und dem Verhältnis zwischen dem geistigen Motor
von op. 78, Joshua Epstein (E), und seinen Komponisten, Bertold Hummel (H),
vermuten ... Der 2. Satz (»Vivace«) bringt ein unruhiges, virtuoses
Element ins Spiel. Trotz einer neuen, gegensätzlichen Gestik behält Hummel ganz
bewußt den Zusammenhang zum 1. Satz bei, indem er immer wieder Gedanken des 1.
Satzes aufgreift und mit der neuen Satzstruktur verbindet. Die formale Kulmination der Solosuite wird im 3. Satz, der
den Untertitel »Metamorphosen« hat, erreicht. Das bereits vorhandene
thematische Material wird aus dramaturgischen Gründen ausgeweitet und mit
seinen Urelementen in Beziehung gesetzt. Rhapsodische und rezitativische
Abschnitte stehen rhythmisch betonten gegenüber. Dieser aufgrund seiner
Thematik auch längste Satz stellt in seiner Summation des Tonmaterials gleichsam
die Durchführung der beiden vorausgegangenen dar. Ulrich Schultheiß (in: Booklet zur CD Bertold Hummel - Musik für Streicher, Conventus Musicus, Dettelbach 1996) Presse Deutsche Tagespost, 21.3.1987 Joshua Epstein ist der Solist der ihm gewidmeten Suite für Violine solo, op. 78, die an Vorbilder anknüpft, deren Haupt Johann Sebastian Bach ist. Auch Reger, Hindemith und Prokofieff profitierten von der schon damals weit fortgeschrittenen Virtuosität der Spieltechnik. Hummel gab der Geige das, was ihr gebührt: Er weiß um ihre Klangmöglichkeiten und die technischen Reserven, nützt sie effektvoll aus, erfüllt sie mit musikalischen Impulsen, deren Brillanz sich Epstein nicht verschließt. |