BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 71a Zurück zur Verzeichnisliste |
Sechs Lieder
nach Gedichten von Hermann Hesse für mittlere Singstimme und Klavier,
op. 71a (1978)
1. Im Nebel 2. Handwerksburschenpenne 3. Blauer Schmetterling 4. Nachtgefühl 5. Irgendwo
Uraufführung:
22. Oktober 1981, Würzburg, Gartenpavillon des Juliusspitals Widmung: für Herbert Roth Aufführungsdauer: 20 Minuten Autograph: Verlag: Schott Music ED 20287 / ISMN: M-001-14992-1
Dem ersten Lied Im Nebel liegt eine kurze Tonfolge zugrunde, die schon im allerersten Takt des Klaviers erklingt, und zwar gleichzeitig von einem hohen Ton aus nach unten und von einem tiefen aus nach oben, so dass die Akkorde, die dadurch entstehen, auf eigenartige Weise wie Nebelschwaden schweben und schwimmen. In der Handwerksburschenpenne meint man, ein marschartiges Wanderlied zu vernehmen, doch bricht die Musik immer wieder aus dem straffen Rhythmus aus; das "heimliche Wehe", das den einen der drei Burschen quält, ist in fast jedem Takt der Musik gegenwärtig. Wie mit wenigen Farbtupfern hingemalt erscheint das dritte Lied Blauer Schmetterling: Die schillernden Harmonien des Klavier lösen sich zweimal in einen hohen, bis zur Unhörbarkeit verklingenden Ton auf. Darüber schwebt die Singstimme, fast mehr rezitierend als singend. Nachtgefühl ist das Kernstück der Liedergruppe, nicht nur vom zeitlichen Ablauf her, sondern auch, weil hier in der Singstimme und in der Klavierbegleitung ein Höchstmaß an intensivem Ausdruck und an orchestraler, nahezu opernhafter Klangentfaltung aufgeboten wird. Einen einzigen großen Bogen von starker Erregung bis hin zu regungsloser Stille beschreibt das Lied Irgendwo. In den letzten Takten klingt zu den Worten “Nacht und Sterne" im Klavier ein Akkord auf, der alle zwölf Töne unseres Tonsystems auf einmal enthält. So stellt der Komponist die Vollkommenheit und Geschlossenheit des gestirnten Himmels symbolisch dar. Das Gedicht Manchmal, welches dem letzten Lied zugrundeliegt, spricht von dem Erlebnis, dass der Mensch mit der Natur eins werden kann, wenn er sich in sie versenkt, und dass er dadurch verändert werden kann. Dies ist ein Gedanke, der die Dichtung von Hermann Hesse wie ein ernster Grundakkord durchzieht. Oft klingt dabei wie in diesem Gedicht der Mythos der Seelenwanderung an. Die Musik des Liedes läßt den Ruf der Vögel ebenso wie das Wehen des Windes und das Bellen des Hundes vernehmlich werden. Mit einem unaufgelösten Akkord verklingt das Werk wie eine Frage, auf die noch keine Antwort gefunden ist. Arno Leicht
Wolfgang
Osthoff
Im Nebel Seltsam,
im Nebel zu wandern!
Voll von Freuden war mir die Welt,
Wahrlich, keiner ist weise,
Seltsam, im Nebel zu wandern! © Suhrkamp Verlag Frankfurt
Handwerksburschenpenne Das
Geld ist aus, die Flasche leer, Der
eine träumt noch vom Gendarm, Der
dritte Kunde schaut ins Licht Das
Licht verlischt und alles ruht, © Suhrkamp Verlag Frankfurt
Blauer Schmetterling Flügelt
ein kleiner blauer © Suhrkamp Verlag Frankfurt
Nachtgefühl
Tief mit blauer Nachtgewalt
Seele flammt aus ihrer Gruft
Sorge flieht und Not wird klein, © Suhrkamp Verlag Frankfurt
Irgendwo
Durch des Lebens Wüste irr ich glühend
Aber irgendwo in Traumesferne © Suhrkamp Verlag Frankfurt
Manchmal
Manchmal, wenn ein Vogel ruft Meine Seele flieht zurück,
Meine Seele wird Baum ©
Suhrkamp Verlag Frankfurt
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