BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 42


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Drei Marianische Fresken für Orgel op. 42 (1970/71)





I. Salve Regina Anfang

II. Ave Maris Stella Anfang

III. Regina Coeli Anfang

 

Uraufführung: 20.Dezember 1970, Freiburg, Freiburger Münster
Hans Musch

Amerikanische Erstaufführung: 8. Dezember 1976, Washington, National Shrine of the Immaculate Conception
Günther Kaunzinger

Widmung: Dr. Carl Winter gewidmet

Aufführungsdauer: 19 Minuten

Verlag: N. Simrock Hamburg-London (Boosey & Hawkes)
op.42 Nr.1 Salve Regina ISMN M-2211-0850-0
op.42 Nr.2 Ave maris stella ISMN M-2211-0851-7
op.42 Nr.3 Regina coeli ISMN M-2211-0852-4

I. Salve Regina II. Ave Maris Stella III. Regina Coeli

Druckfehler und Änderungen des Komponisten:


ifo-records ORG 72222

Christophorus LP 3874

Literaturliste des Deutschen Musikrates für den Wettbewerb "Jugend musiziert":
Schwierigkeitsgrad 4/ schwierig (Mittelstufe II)

 

Ausgangspunkt sind die drei marianischen Antiphone: Salve Regina - Ave Maris Stella - Regina Coeli.
Die Gesamtanlage des Werkes ist dreisätzig, schnell - langsam - schnell, und in der Grundhaltung sinfonisch. Das jeweils aus der gregorianischen Vorlage entnommene Grundmaterial ist im Verlauf des betreffenden Satzes permanent vorhanden.

Melodisches Gestaltungsprinzip ist vielfach eine in polytonale Spannung gesetzte Formulierung des Ausgangsmaterials.


Auch das Akkordmaterial ist zumeist von ursprünglich melodischen Strukturen abgeleitet.


Salve Regina: Nach Auftritt eines Gedankens erfährt dieser auf verschiedenste Weise eine Vertiefung quasi eine Durchführung. Der motorische Fluss wird wiederholt aufgehalten von Adagio-Einschüben, die für eine formale Gliederung sorgen. In der Coda werden die Hauptgedanken noch einmal zusammengefasst.

Ave Maris Stella: Aus der Einstimmigkeit (mit Echoeffekt) entwickelt sich eine Variationsform, in der die einzelnen Glieder gleichsam durch Übergangsklammern zusammengefügt werden. Die Anordnung der Abschnitte ist bogenförmig. Vorherrschend ist eine kontemplative Grundstimmung.

Regina Coeli: Über dem diatonischen Ausgangsmaterial, welches den ganzen Satz beherrscht, werden polytonale Akkordtürme erstellt. Ostinate Figuren halten den Ablauf in Fluss. Im Mittelpunkt des Satzes steht eine kontrapunktische Ausarbeitung des Hauptgedankens, abgesetzt auch im Tempo.
Quasi als begleitender Gegensatz ist dem diatonischen "Thema" eine durch Chromatik geprägte Floskel gegenübergestellt. Diese beiden Elemente durchdringen sich im Verlauf des Satzes immer mehr und verschmelzen zuletzt zu einer Einheit.

Bertold Hummel

 

Bei Bertold Hummels Drei marianischen Fresken (Schwierigkeitgrad 6) kommen der ansprechende Druck und die schöne Ausstattung einem Werk zugute, das dies auch in jeder Weise verdient. Der sinfonisch angelegte Zyklus von eingeständiger und sehr orgelmäßiger Faktur empfiehlt sich sowohl für den liturgischen als auch für den konzertanten Gebrauch. Die drei Sätze sind auch einzeln aufführbar. Wer Abwechslungsreichtum und Farbigkeit bei organisch-kontinuierlichem Duktus zu schätzen weiß, kommt hier voll auf seine Kosten.

Zsolt Gardonyi

 


Larry D. Crummer: The Solo Organ Works by Bertold Hummel, Dissertation 1983




Kompositionsauftrag 12. November 1969


Presse

fono forum Juni 1978

Hummels "Marianische Fresken" fesseln vom ersten, wie eine Fanfare das Salve Regina einleitenden Takt an. Hummel arbeitet souverän mit der Orgel und dem gregorianischen Material der drei Marien-Antiphonen der römischen Liturgie, läßt Zitate aufleuchten, versteckt thematische Anklänge in vielfach umschreibenden Stimmen, stellt quasi einen Cantus firmus vor oder leitet den Choral mächtig damit ein - wie im Regina coeli, das über das beginnende Solopedal sogleich Akkordwerk türmt. Zwei festlich bewegte, in Akkorden explodierende Sätze umrahmen das ruhigere, stillere Ave Maris Stella - alle drei Sätze sind erfüllt von Spannung, Dynamik und Expression.

 

Fränkisches Volksblatt 11.1.1971

Als Schlußveranstaltung innerhalb der Konzertreihen zum 850jährigen Stadtjubiläum Freiburgs kam Bertold Hummel (Kompositionslehrer am Bayerischen Staatskonservatorium in Würzburg) als gebürtiger Freiburger mit einer attraktiven Uraufführung zu Wort: Dozent Dr. Hans Musch kreierte im Wechselspiel an den vier Freiburger Münster-Orgeln (freilich vom zentralen Spieltisch aus) Hummels "Marianische Fesken" - Salve Regina, Ave maris stella, Regina coeli. Nachdem ein Satz bereits früher vorgestellt war, kam jetzt in der zyklischen Bezogenheit und Kontrastierung die Kompositionsabsicht voll zur Geltung. Bertold Hummel bindet gestenreich-konzertante Sprache, oft dialogisierend, in ein streng gegliedertes Formenspiel; Proportionen und variative Wiederholungen erleichtern auch dem modemer Musik gegenüber befangenen Auditorium den Zugang - ein nicht hoch genug zu veranschlagendes Moment im Schaffen eines Zeitgenossen. Zudem weiß er die Mittel des Instrumentes gezielt auszuwählen und die Lineaturen immer wieder ganz persönlich einzufärben. Als erster Eindruck stark von "französischer" Impression, gewiß unmittelbar von dem Pariser Staatspreis-Jahr beeinflußt. Zudem die einzigartigen Möglichkeiten der in der Freiburger Kathedrale sozusagen "stereophonisch" von vier Plätzen her erklingenden Orgeln nützend. Der Komponist und sein versierter Interpret Hans Musch dürften für die Premiere eine maximale Registriereinrichtung ausgetüftelt haben.
I.E.D

 

Augsburger Allgemeine Zeitung 25. 6. 2008

Hummel verarbeitet die gregorianische Antiphon (Ave Maris Stella) mit einer improvisatorischen Grundhaltung zu einer floskelhaften, fantasievollen Miniatur. Tempo, Taktwechsel, farbige Harmonik, Akkordkaskaden im Pedal und Hauptwerk, Echo-Wirkungen, Melodie-Einwürfe und alles freskohaft aufgetragen: hier zeigte sich Axel Flierl als ein Meister der Interpretation zeitgenössischer Werke.

 

Mittelbayerische Zeitung Regensburg 5.11.1971

Im abschließenden Tryptychon von Bertold Hummel scheint mir die Bedeutung vor allem auf dem Titel "Fresken" zu liegen, und zwar Fresken, die klanglich das realisieren, was der zeitgenössische Ausgestalter eines Kirchenraumes in Form von Fresken vielleicht auch konzipieren würde: große Klangeindrücke in kräftigen Farben, dazwischen verhaltene Farben und Stufungen und immer wieder im Urzustand oder in modifizierter Anpassung an die Farben das jeweilige Thema eines Freskos, nicht eigentlich eine formhafte Abfolge von zeichnerischen Elementen obwohl kräftige Linien das Feld eines jeden Frescos gestalthaft prägen und dabei von einer gewissen improvisatorischen Hand geleitet sind. Von der Orgel her betrachtet sind es mit sehr instrumentengerechtem Einsatz der Klangmittel große fixierte Improvisationen, die Geist und Struktur und Gehalt der drei gregorianischen Weisen atmen.

 

Rottenburger Post 12.10.1976

Alle diese drei Fresken leben vom Kontrast, so etwa zwischen raschen Soloschnörkeln arpeggienartig hingeworfen, und dissonanten Akkordschüben, die wieder von fast lyrischen Elementen abgelöst werden, in die dann das gregorianische Salve regina als thematische Einlage eingebaut ist, oder sie arbeiten mit echoartigen Effekten nach einer auf einem Tritonus aufgebauten Melodie oder sie sind in der bitonalen Technik angelegt, also in der gleichzeitigen Paarung verschiedener Tonarten (Regina coeli), ein Werk also, das wie die Orgelstücke der Franzosen Möglichkeiten genug bietet, gestalterische Brillanz und überraschende Registriereffekte zu entfalten.

 

Musica Sacra März/April 1981

Hummels Marianische Fresken sind schon zehn Jahre alt, aber sie haben in ihrer ebenfalls choralgebundenen Frische nichts eingebüßt. Wesentliche Musik der gegenwärtigen Orgelszene.

 

Badische Zeitung 25. Juni 2015

... Musik des 20. Jahrhunderts, die keineswegs den Anspruch verfolgt, Avantgarde zu sein. Sondern packende, mitunter kraftvolle Tonkunst, die sich bunt zwischen Toccata, Fantasie und Paraphrase bewegt.


Main-Echo, Aschaffenburg 15.5.2010

Wuchtig auch die Tondichtung »Regina Caeli« des Würzburgers Bertold Hummel mit ihrem modernen Klangbild, die Transzendenz, Allmacht und Würde ausstrahlte.

 

Mainzer Allgemeine Zeitung 5.2.1987

Eine Fortsetzung Regers gab es nach der Besinnungspause durch Joseph Bonnet mit "Regina Coeli" aus "Drei Marianische Fresken für Orgel" von Bertold Hummel. Der 1925 geborene Musiker wartet mit aufbegehrend anrollenden Klangwogen auf, mit Dissonanzen, die sich im Raum aufzulösen scheinen. Seltsame Glocken-Glasklänge über Liegetönen, zerrissene, kühn-wilde Steigerungen, ein aggressives Toben münden in fast überraschende Beruhigung in allerbester Dur-Tradition.

 

Mittelbayerische Zeitung Regensburg, 18.9.2009

Das Beste kam ganz zum Schluss: Bertold Hummels "Regina coeli" aus den 3 Marianischen Fresken wartete mit unmittelbar ansprechenden Klangeffekten und rhythmischen Finessen auf.

 

Querverweise auf weitere Hummel-Kompositonen:

Salve Regina und Regina Coeli: Marianische Fantasien I-III für Basetthorn, op 87d