BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 31a Zurück zur Verzeichnisliste |
Würzburger
Dommesse für
Sopran- und Bariton-Solo, Chor, Gemeinde und großes Orchester, op. 31a (1967) II. Ehre sei Gott III. Glaubensbekenntnis IV. Heilig, heilig V. Lamm Gottes
Uraufführung:
7. Mai 1967 / Würzburg / Kiliansdom Orchester: 2 Fl., 2 Ob., 2 Klar. i.B; 2 Fg., 4 Hrn., 3 Trp., 1 Tuba, Pauken, Streicher Autograph Partitur:Titel: Würzburger Dommesse Umfang: 90 Seiten Datierung: - Aufbewahrungsort: Bayerische Staatsbibliothek München Autograph Klavierauszug: Titel: [printed sheet, glued on p.1:] WÜRZBURGER DOMMESSE | Deutsches Ordinarium | für Soli, Chor, Gemeinde und Orchester | von | BERTOLD HUMMEL | Komponiert im Auftrag des Domkapitels | zur Feier der Wiederherstellung | des Würzburger Domes | und der Weihe des neuen Altars | am 7. Mai 1967 | Umfang: 48 Seiten Datierung: - Aufbewahrungsort: Diözesanarchiv Würzburg / RISM ID no.: 454502794
Aufführungsdauer: 25 Minuten Verlag: Manuskript
Im Jahr 1969 reduzierte Bertold Hummel die Besetzung seiner Würzburger Dommesse op. 31a, um auch kleineren Kirchengemeinden eine Aufführung zu ermöglichen. Siehe: Würzburger Dommesse op. 31b
Für
die Liturgie gibt es noch eine herausragende Komposition, die Würzburger
Dommesse zur Einweihung des wiederaufgebauten Kilians-Domes im Mai 1967.
Es handelt sich um eine Art "Voll-Messe", d.h. Proprium
und Ordinarium sind kompositorisch eine Einheit. Zwar ist das Ordinarium
als "Dom-Messe" mit op. 31 bezeichnet und das Proprium
als op. 32 mit dem Titel der Anfangsworte des Introitus "Das Heil kommt
dem Gerechten vom Herrn", aber die Sätze spielen doch vom ganzen
Duktus her ineinander und lassen ihre Zusammengehörigkeit erkennen. Darüber
hinaus sind sie, obwohl in deutscher Sprache, im formalen Aufbau des Wechsels
von Kantor, Chor und Gemeinde durchaus ausgerichtet an der traditionellen Gestaltung
der Gregorianischen Propriumsgesänge. Es ist beachtlich, dass eine so große
und bedeutende Fest-Messe so unmittelbar nach der Bekanntgabe der Liturgiekonstitution
("Sacrosanctum Concilium" 1963 und Kirchenmusikinstruktion "Musicam
Sacram" 1967) in der Volkssprache komponiert ist. Einmal mag es das fortschrittliche
liturgische Denken des Komponisten widerspiegeln, zum anderen trägt es wohl
der Tatsache Rechnung, dass in der Diözese Würzburg die Volkssprache
im Gesang in der sog. "Deutschen Messe" auch an Hochfesten eine
sehr alte und große Tradition hatte. Franz A. Stein (in "Die Kirchenmusik Bertold Hummels", Tutzing 1998) Die Herausforderung annehmen - Bertold Hummels Würzburger Dommesse Tatsächlich hatte die Orientierungslosigkeit in Fragen der Kirchenmusik schon damals weite Teile des Klerus und der Musikerschaft erfasst, anders, so will es scheinen, als in der Zeit unmittelbar nach Ende des Konzils. Als bemerkenswertes Beispiel mag da die Praxis in der Diözese Würzburg dienen. Wie selbstverständlich fasste hier das Domkapitel den Beschluss, zur Weihe des wiederaufgebauten Doms eine Festmesse in Auftrag zu geben, und es scheint zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, dem Komponisten Bertold Hummel, außer Frage gestanden zu haben, die ganz neu eröffneten Möglichkeiten des Konzils sogleich in die Tat umzusetzen. Hummels Würzburger Dommesse op. 31 und das dazugehörige Proprium op. 32 haben 1967 erstmals überhaupt in Deutschland die Vorstellungen des Konzils verwirklicht: eine große Messe für Soli, Chor und Orchester in deutscher Sprache und unter Beteiligung der Gemeinde, die in alle Teile des Ordinariums singend einzugreifen hat, das Ganze in einer für liturgische Verhältnisse modernen, zugleich feierlich geprägten Tonsprache. Der Anfang des „Gloria", hier des „Ehre sei Gott in der Höhe", bringt alle Elemente dieser damals neuartigen liturgischen Musik auf den Punkt: Ausgehend von der Intonation des Priesters - musikalisch aus der Melodie des Osterhymnus „Christ ist erstanden" gewonnen - über einen markanten Klang- und Bewegungsakzent des Orchesters hin zum eher deklamatorischen Textvortrag des Chors, den ein Jubilus des Solo-Soprans melodisch ausziert, gefolgt von einem kurzen pastoralen Zwischenspiel der Bläser, von dem aus Anlauf genommen wird zu den Wir-Lobpreisungen, in deren dritte und vierte („wir beten Dich an, wie verherrlichen Dich") der Gemeindegesang einfällt, gelangt das textlich-musikalische Geschehen schließlich zur Anrufung der göttlichen Personen und damit zu einem ersten formgliedernden Höhepunkt. Dieser hier beispielhaft gewählte Ausschnitt ist in jeder Hinsicht sowohl theologisch sinnfällig und liturgisch angemessen als auch künstlerisch ambitioniert, wenn auch - und da entzündet sich der zentrale Konflikt zwischen Kirche und Tonkunst der Moderne -, aus der Sicht radikaler musikalischer Avantgarde der 1960er-Jahre nicht auf dem Stand des Materials und folglich unzeitgemäß. Ulrich Konrad aus: Kirchenmusik und Geistliche Musik als Idee und Wirklichkeit (in: Dieter Kirsch / Ulrich Konrad (Hg.): Kirchenmusik in der Diözese Würzburg - Studien und Quellen vom 16. bis ins 20. Jahrhundert, Würzburg 2010) Zum Wiederaufbau des Domes (Einführungstext LP CALIG CAL 30330) Nach 22-jährigem, mühevollem Wiederaufbau wurde der Würzburger Kiliansdom im Mai 1967 als letzter der deutschen Dome fertiggestellt. Am Abend des 5. Mai öffneten sich seine Tore wieder für die Gläubigen, am 6. Mai wurden die neuen Altäre geweiht, am Sonntag, 7. Mai, der festliche Dankgottesdienst von Kardinal Döpfner gehalten. Dieses Ereignis war für Stadt und Bistum Würzburg von säkularer Bedeutung: Nach 22 Jahren haben nun beide wieder ihre Bischofskirche und damit ihre religiöse Mitte. In neuer Gestalt ist der Würzburger Dom wiedererstanden. Was erhalten war, wurde restauriert, was zerstört war, wurde aus dem Geist und nach den Bedürfnissen unserer Zeit neu geschaffen, vor allem die Mitte des Domes: Altar und Kathedra des Bischofs. Diese mutige Verbindung von alt und neu gibt dem Dom seinen einmaligen Reiz, macht ihn aber nicht nur zu einem interessanten und wertvollen Baudenkmal, sondern zu einem festlichen Raum, in dem die Menschen von heute Gottesdienst ganz im Sinn der liturgischen Erneuerung feiern können. Was im Neuaufbau des Domes sichtbar wird, sollte in den Gesängen des Dankgottesdienstes hörbar werden. Man wählte deshalb nicht eine lateinische Messe aus dem vorhandenen Schatz der Kirchenmusik aus. Vielmehr erteilte das Domkapitel Würzburg einen Kompositionsauftrag an den Kompositionslehrer des Bayerischen Staatskonservatoriums für Musik in Würzburg, Professor Bertold Hummel, für eine deutsche Messe. Die Gläubigen sollten bei dem Gottesdienst dieses Tages nicht nur ergriffen lauschen, sondern in der Muttersprache selbst freudig einstimmen in das „neue Lied", das im Dom nach so langer Zeit wieder aufklingen konnte. Die Messe sollte der Bedeutung des Ereignisses Ausdruck verleihen, zugleich aber den Anforderungen des Konzils entsprechen, vor allem die singende Teilnahme der ganzen Gemeinde ermöglichen. Die Aufgabe war nicht leicht. Professor Hummel übernahm sie und schuf in der „Würzburger Dommesse" ein Werk, das nicht nur musikalisch sehr ansprechend ist, sondern auch einen ernsthaften Beitrag zur Erneuerung der Kirchenmusik nach dem Konzil darstellt. Die Würzburger Dom-Messe Das Kyrie, obwohl lang, besitzt doch eindeutig den Charakter des Rufes. Die Komposition des festlichen Gloria-Hymnus verläßt das bisherige Formschema und sucht in der Anlage einen neuen Weg. Auch hier ist die Gemeinde mit kurzen Rufen beteiligt. Das Credo wird, abgesehen vom Mittelteil „Er hat Fleisch angenommen ...", nicht musikalisch ausgedeutet. Schlicht, aber ungeheuer kraftvoll reihen sich die einzelnen Sätze aneinander. Das ganze Credo ist gewissermaßen über einem Orgelpunkt komponiert, auf dem Ton a. Das Sanctus wird von der Gemeinde und einstimmigem Chor im Kanon gesungen. Sopran und Baritonsolo geben ihm mit ihren Einwürfen strahlenden Glanz. Das Agnus Dei folgt der heute allgemein üblichen Aufteilung: Solist, Chor, Gemeinde. Der Festgottesdienst im Würzburger Dom zeigte, daß der Versuch trotz aller Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, im ganzen doch gelungen ist. Die Tausende, die den weiten Raum des Domes füllten, waren nicht nur Zuschauer und Zuhörer, sie vereinigten ihre Stimmen mit dem Gesang des Chores zu einem machtvollen Lobpreis Gottes.
Presse Badische Zeitung / Pfingsten 1967 "Würzburger
Dommesse" Das außerordentliche
Ereignis der Altarweihe und der Wiedereröffnung des Würzburger Kiliansdomes
verlangte notwendig auch in seiner musikalisch-künstlerischen Gestaltung
zumal wenn die Musik nicht lediglich als ausschmückendes Dekorum, sondern
als Beitrag zur kirchlichen Liturgie betrachtet werden soll. Es ist kein Geheimnis,
dass durch die neue Liturgie-Ordnung auch auf dem Gebiet der Kirchenmusik zunächst
eine erhebliche Unsicherheit um sich gegriffen hat, zumal durch manche überstürzten
und unausgereiften Neuerungen - ein Gang durch die sonn- und feiertäglichen
Gottesdienste sin den verschiedenen Kirchen, selbst der gleichen Stadt, bestätigt
das immer wieder. Man darf es daher als begrüßenswerten Schritt des
Würzburger Domkapitels ansprechen, wenn es dem Professor am Bayerischen Staatskonservatorium
der Musik Würzburg, Bertold Hummel, einen Kompositionsauftrag für eine
(deutsche) "Würzburger Dommesse" erteilte, Es ist der erste Auftrag
dieser Art in Deutschland. Die Messe, für Sopran- und Bariton-Solo, Chor,
Gemeinde und Orchester geschrieben, erlebte beim sonntäglichen Festgottesdienst
unter Mitwirkung von Erika Rüggeberg (Sopran) und Theo Nicolai (Bariton),
beide München, dem Domchor, den Domsingknaben und dem Städtischen Philharmonischen
Orchester Würzburg, dirigiert von Domkapellmeister Franz Fleckenstein, ihre
Uraufführung. Man darf sagen: Hier ist ein neue liturgischmusikalische Form gefunden, die aus dem Urgrund der Überlieferung entwickelt ist und ihre zeitgemäße Sprache auf ihm aufbaut. Die in aller Modernität barocke Festlichkeit, Andacht und Freude atmet, wie es dem baulichen Charakter der Würzburger Bischofskirche gemäß ist. Das Wort Erzbischof Kardinal Dr. Döpfners aus seiner Predigt, dass der Glaube auf dem sicheren Fundament der Tradition gegründet sein müsse, es hat wie in der bestimmenden Architektur des Domes auch im liturgischen Gesang der Dommesse seinen Ausdruck gefunden. Ein Verdienst des Komponisten Bertold Hummel, der ein richtungsweisendes Werk geschaffen hat! Ein Verdienst auch des Würzburger Domkapitels, das diesen Auftrag erteilte! Verdienst aber nicht zuletzt an diesem Tage der von Domkapellmeister Franz Fleckenstein mit Umsicht, Sorgfalt und Liebe vorbereiteten Aufführung. Es ist nicht wenig und keineswegs Alltägliches, was Hummel von Chor und Orchester verlangt - aber wie Domchor und Domsingknaben ihre Aufgabe, auch im Ungewöhnlichen, lösten und mit aller Schönheit und Hingabe des Gesanges ausstatteten, wie die Philharmoniker - beim Gemeindegesang unterstützt durch eine im Langschiff aufgestellte Bläsergruppe - für die menschliche Stimme Grundierung und Rahmen schufen, bezeugte ebenso die verständnisvolle, sicher zusammenhaltende führende Hand Fleckensteins wie die lebhafte innere Anteilnahme aller Mitwirkenden. Dr. A. Meyer
Literatur-Tipp: Franz Fleckenstein: Musik zu Ehren des Heiligen Kilian und seiner Gefährten, Würzburger
katholisches Sonntagsblatt, Würzburg 18.6.1989 | ||||