BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 91b


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Adagio "In memoriam Anton Bruckner" für großes Orchester, op 91b (1989/1992)

 

Besetzung: 3.3.3.3 - 4.3.3.1 - Pk., Schlgz. <3> Hrf., Streicher

 

Uraufführung: 8. September 1996, Linz, Brucknerhaus, Brucknersaal
Bruckner Orchester Linz / Ingo Ingensand

Aufführungsdauer: 10 Minuten

Autograph:
Titel: Adagio f. gr. Orchester in memoriam Anton Bruckner op. 91b
Umfang: 29 Seiten
Datierung: Großgmain August / September 92
Aufbewahrungsort: Bayerische Staatsbibliothek, München

Verlag: Schott Music

 

Erwin Horn brachte mich auf die Idee, den 2. Satz meiner Orgelphantasie op. 91a zu orchestrieren. Bei der Arbeit ergaben sich naturgemäß Veränderungen und Erweiterungen, die zu der nun vorliegenden Orchesterfassung führten.

Die 4 ersten Töne des Adagios der 9. Symphonie Bruckners spielen sowohl linear als auch harmonisch in Verlauf des Satzes eine bevorzugte Rolle. Eine viertaktige, choralartige Akkordfolge, die ich als 8-jähriger Junge nach dem Anhören einer Brucknersymphonie aufschrieb, bildet den Kontrast sowohl im pp als auch auf dem Höhepunkt einer 20-taktigen Passacaglia, deren Basstonfolge aus einem 3. Thema gewonnen wurde. Die im "goldenen Schnitt" des Satzes (Takt 93 von 142 Takten) situierte Syntax wird jäh abgebrochen. Es folgt eine 10-taktige Piano-Phase. Die Choralzeile wird unvermittelt wieder im tutti aufgenommen und wieder abgebrochen. Eine Rückbesinnung auf das 3. Thema, welches der Gestik Bruckners nachempfunden ist, und das letztmalige verhaltene Zitat des "Chorals" bilden die Brücke zur Coda. Über dem Halteton klingen noch einmal verschiedene Bausteine des Satzes an. Im äußersten pp verklingt dieses Adagio.

Das Werk entstand im September 1992.

Bertold Hummel

 

Der Choralgedanke im Adagio "in memoriam Anton Bruckner" verdient besondere Aufmerksamkeit. Er klingt, als habe Bruckner ihn erfunden - ppp misterioso - und doch stammt er aus der Feder des achtjährigen Knaben Bertold, der unter dem Eindruck von Bruckners Dritter Symphonie nach Hause ging und beschloß, Komponist zu werden. Das Erste, was er zu Papier brachte, war diese kühne Choralidee, die nunmehr in seiner Bruckner-Phantasie ihre Erfüllung findet.

Die Huldigung auf den Meister von St. Florian kulminiert mit diesem Choral nach einer großangelegten Steigerung in der vollen Kraft des Orchesters.

Erwin Horn

 

Presse

Fränkisches Volksblatt 7.10. 1996

Einleitend stimmte Bertold Hummels Adagio "in memoriam Anton Bruckner" für großes Orchester opus 91b geradewegs in die nachfolgende Symphonie ein. Dass Hummel ein excellenter Instrumentierungskünstler ist, darüber hinaus die Brucknersche Tonsprache deutlich beherrscht, ist frappierend. Brucknersche Idioms klingen an, vermischt mit der Hummelschen ureigenen Schreibweise, ein kleines Meisterwerk mithin, das nicht im Schatten Bruckners zu stehen braucht. Symphonische Musik allemal, mit subtilen Feinheiten durchmengt. Hummel lässt sogar eine Art Tristanmelodik anklingen (für Bruckner war Wagner der Liebe Gott auf Erden), unisono geführt, versteht sich, und typische Eruptionen neutralisieren sich auch in Hummels Adagio zu einem ruhig fließenden Tranquillo.

 

Oberösterreichische Nachrichten 9.9.1996

Hummels Adagio in Memoriam Bruckners ist eine dichte Verklammerung und Verarbeitung von Bruckner-Motiven mit einem emotional eigenständig wirkenden Weiterdenken von dessen musikalischer Aussage.