BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 7


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Invocation52 für Klavier solo, op. 7 (1952)


 
Beginn der Komposition

 

Uraufführung: März 1969, Bratislava, Rundfunk
Peter Roggenkamp

Aufführungsdauer: 5 Minuten

Autograph A/B:
Titel: Invocation (1952) für Klavier / -
Umfang: 7 Seiten / 5 Seiten
Datierung: - / 1. IV. 62 [sic]

Verlag: N. Simrock Hamburg-London (Boosey & Hawkes) EE 2947 / ISMN M-2211-0848-7


 

Das Klavierstück Invocation52, op. 7 war meine erste kompositorische - etwas eigenwillige - Auseinandersetzung mit der Reihentechnik Arnold Schönbergs. Bitonale Zusammenklänge, die sich zum 12-tönigen Total formieren, stehen neben der Auflösung in Linien, die jeweils durch Haltetöne gestützt und rhythmisch variiert werden. Den formalen Rahmen bilden zwei vom Tonmalterial her identische "Anrufe", die jeweils mit dem Ton es´ enden, zuletzt im ppp verklingend.

Bertold Hummel


Das Stück soll sehr expressiv und mit modifiziertem Tempo gebracht werden. Wichtig ist, daß der Zusammhang gewahrt bleibt.

Bertold Hummel in einem Brief am 14.2.1968 an Peter Roggenkamp

 

Hier gibt es kaum noch gefestigte Strukturen, die gesamte Musik ist permanent arabeskenhaft verlaufenden Linien aufgelöst, durch und durch rhetorisch. "Invocation" heißt soviel wie Anrufung oder Beschwörung. Diese Musik lebt völlig aus dem Klangerlebnis, hat geradezu magische Wirkung. Gegenüber dem Klang tritt die Konstruktion an Bedeutung zurück. Und doch gibt es auch in dieser Musik eine Komponente, die - wie so oft bei Hummel - den Kalkulator verrät: Nach 10 rhapsodisch einleitenden Takten folgt ein Viertakter, der in seiner Terzenschichtung sechs Töne zu Dur- und Mollakkorden auftürmt und somit das duale Prinzip Zarlinos exemplifiziert (T. 10-14). Nach diesen vier Takten folgen 24 Takte freier Rhapsodik, die ungeachtet ihrer lose gearbeiten Textur den formalen Rahmen herstellen. Bemerkenswert dabei ist, dass diese Fermate am Ende des oben abgebildeten Viertakters mehr oder weniger genau am Ort des "Goldenen Schnitts" steht!

Klaus Hinrich Stahmer (in "Die Kammermusik als persönliches Bekenntnis", Tutzing, 1998)