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bei dem Spätromantiker Julius Weismann in die Lehre geschickt, regte
sich schon bald die kompositorische Ader, die zunächst spätromantisch
anschwoll, aber dann einer neuen Sachlichkeit wich. 8. November 1964
… schon in sehr
jungen Jahren Theorieunterricht beim Spätromantiker Julius Weismann, an
den mich viele persönliche Erinnerungen binden. 8. November 1964
... bei dem Spätromantiker Julius Weismann machte ich während meiner Schulzeit meine ersten kompositiorischen Gehversuche. 1974
... An
meinem Lehrer Julius Weismann hat mich die impressionistische Klangphantasie sowie
der harmonische Reichtum und die formale Vielfalt gefesselt. 12. Juli 1981
Bertold
Hummel
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Julius Weismann (Foto: Wieland Wagner-Bayreuth, 21.1.1950)
Widmung: "Zur
Erinnerung an den Julius Weismann Gedenk-Abend am 23.2.1951" Auf
der Rückseite dieses Fotos dankt die Familie Weismann Bertold Hummel für
seine Mitwirkung als Cellist bei dem Freiburger Konzert. Zur Aufführung kommen u.a. Weismanns
Streichquartett a-moll op. 133 und die "Tagore-Lieder" für Alt
und Klaviertrio, op. 67.
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Julius Weismann - Sein
Leben
Als
Sohn des berühmten Zoologen und Vererbungsforschers August Weismann, Professor
an der Freiburger Universität und Begründer des Neodarwinismus, wurde
Julius Weismann am 26. Dezember 1879 in Freiburg geboren. Da er in seiner Jugend
lange kränkelte, erhielt er seine Bildung durch Privatlehrer sowie durch
seinen Vater. Bereits als Elfjähriger erhielt Julius Weismann von 1891-92
Kompositions- und Kontrapunktunterricht bei dem als konservativ geltenden Liechtensteiner
Joseph Rheinberger in München. Von 1893 bis 1895 nahm er Klavierunterricht
bei dem Lisztschüler Hermann Dimmler in Freiburg, Sprachstudien in Lausanne
(1896-98) folgten, und für ein Semester (1898/99) studierte er in Berlin
- die "musikalisch-überhebliche, akademisch verbrähmte - und verbrahmste
- Atmosphäre" (Weismann) bei Friedrich Stumpf und Leopold von Herzogenberg
stieß ihn jedoch ab. Die folgenden drei Jahre bei Ludwig Thuille, Nachfolger
Rheinbergers in München, haben Weismann in seiner Entwicklung weitergebracht,
sie zeigen aber auch sein ausgeprägtes Einzelgängertum: "Seltsam,
daß ich jenen Menschen, mit denen ich durch die Liebe zu den Bergen in Beziehung
trat, so oft näherkam - die Musik hingegen wirkte meistens als etwas Trennendes,
und ich mied jene Kreise öfter, als daß ich sie suchte. Hätte
ich nicht in der Familie meiner späteren Frau so liebe Aufnahme gefunden,
ich wäre wohl sehr einsam gewesen. Im Thuille-Kreis gab es eben nur einen
Obergott, das war Richard Wagner - und zwei lebende Götter: Max von Schillings
und Ludwig Thuille! Was sollte ich 'klassizistischer' Mensch damit anfangen! Trotz
meiner ehrlichen Begeisterung für Thuilles Oper 'Lobetanz' und sein Bläser-Sextett
fühlte ich bald eine Kluft, die sich auftun und mich von der 'Münchener
Schule' trennen würde. Trotzdem arbeitete ich eifrig bei Thuille. Für
viele spätere Beurteiler meiner Musik schien ich zur Münchener Schule
zu gehören. Ein großer Irrtum! Gewiß trug meine Musik nach einiger
Zeit Züge davon - aber viel mehr durch den Obergott Richard Wagner als durch
die Untergötter!" 1902 heiratete Weismann die Konzertsängerin
Anna Hecker und ließ sich als freischaffender Komponist in München
nieder - vielleicht mit ein Grund, warum er in seiner ersten Schaffensphase so
viele Sololieder mit Klavierbegleitung schrieb. 1906 kehrte er in seine Heimatstadt
Freiburg zurück und wirkte außerdem als Pianist und Dirigent. Die zwanziger
Jahre wurden zur produktivsten Etappe in Weismanns Leben: Innerhalb von zehn Jahren
entstanden fünf seiner sechs Opern. Der Durchbruch war geschafft. 1929 wurde
er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und erhielt ein Jahr
später deren Beethoven-Preis. 1930 gründete Weismann mit Erich Doflein
das Freiburger Musikseminar, aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg die Freiburger
Musikhochschule hervorging. Dort lehrte er Tonsatz und leitete die Meisterklasse
für Klavier. 1939 wurde er zum Ehrenbürger von Freiburg ernannt und
erhielt den Leipziger Bachpreis. Doch im selben Jahr zog er nach Nussdorf (bei
Überlingen) am Bodensee und gab zwei Jahre später seine Lehrtätigkeit
auf. Weismann, ohnehin ein eher scheuer Einzelgänger, wenn auch Freunden
gegenüber herzlich, zog sich allmählich vom öffentlichen Leben
zurück. Die letzten Lebensjahre Weismanns waren von klaglos ertragener Krankheit,
Skepsis, aber auch fleißigem Komponieren und zahlreichen Hauskonzerten im
engsten Freundeskreis bis ins Todesjahr 1950 gekennzeichnet. Am 22. Dezember 1950,
kurz vor seinem 71. Geburtstag, starb Julius Weismann in Singen am Hohentwiel.
- Stilistische
Stellung
Das Schaffen
Julius Weismanns ist ebenso umfangreich wie vielschichtig: Es geht bis zur Opuszahl
157a (wobei es zahlreiche Werke ohne Opuszahl gibt), und es umfaßt (abgesehen
von geistlicher Musik) so ziemlich jede musikalische Gattung - von Opern, Schauspielmusiken,
Chorwerken, Liedern, über Symphonien, Konzerte, Klavierstücke aller
Art bis zur Kammermusik, die einen zentralen Platz bei ihm einnimmt und von der
aus sich das Gesamtwerk erschließen läßt. Ein Werkverzeichnis
ist beim Julius-Weismann-Archiv in Duisburg zu erhalten. Die stattliche, kontinuierliche
Produktivität Weismanns erklärt sich aus zwei Gründen: Bis 1930
und ab 1941 konnte er sich weitgehend ungehindert durch Amtspflichten auf seine
Arbeit konzentrieren, da er als freischaffender Komponist, Pianist, Dirigent und
Liedbegleiter tätig war. Seine Skizzenbücher, die er auf jeder Wanderung
mitnahm, zeigen, daß Weismann die Einfälle, die er in der freien Natur
hatte, fließend niederschrieb. Er komponierte ohne Klavier mit einer offensichtlich
hervorragenden inneren Klangvorstellung und einer fertigen inneren Konzeption. Fülle
und Vielfältigkeit bringt auch das Problem mit sich, das Werk stilistisch
einzuordnen. Der Pianist Franzpeter Goebels hat anhand Weismanns Klavierwerk den
Versuch einer Gliederung unternommen: Bis op. 68 (1917) sieht er eine "romantische"
bzw. "naive" Phase, beeinflußt von Schumann. Ab op. 76 (1918/20)
bis op. 87 (1923) mache sich durch die Differenzierung und Konzentration der Harmonik
und der Mittel "der Einfluß Debussys bemerkbar". Von op. 93 (1926)
bis op. 109 (1931) straffen laut Goebels "konstruktive Züge die Form",
er sieht "eine Art neue Musik im Anbruch" und die "Polyphonie wird
härter". Den Spätstil Weismanns, der in besonderem Maße
von kontrapunktischem Denken und der Hinwendung zu Bach geprägt ist, läßt
er ab op. 114 (1933/34) beginnen, fügt aber hinzu: "Man sträubt
sich jedoch, ein so vielschichtiges Werk in diesem Sinne zu periodisieren. Die
Übergänge sind fließend und jedes einzelne Werk will erhört
und aus seiner Mitte verstanden sein." Versuche, Weismanns Werk einzuordnen,
finden sich zu jeder Zeit. Bereits 1907 urteilte Thomas-San-Galli (über die
Symphonie h-Moll op. 19): "Wenn wir historische Ähnlichkeiten nennen
sollten, so würden wir Anklänge an Schumann hier und da finden können.
Ab und zu wandelt auch einmal Brahms in undeutlichen Umrissen vorbei. Eigentliche
Verwandtschaft aber hat Weismann mit Franz Schubert." Alexander Berrsche,
der Klassiker der Münchner Musikkritik, hebt bei Weismann "die Gabe
einer reichen, unbeschwerten Phantasie" und "die Leichtigkeit, mit der
er stets über sie gebot" hervor. Adolf Weißmann, einer der bedeutendsten
Berliner Musikschriftsteller seiner Zeit, erwähnt in seinem Buch Musik in
der Weltkrise (1922) auch Julius Weismann: "Und nun ließen sich in
langer Reihe die aufzählen, die auf verschiedenen Wegen, manche abseits von
der gebrochenen Linie der modernen Kunst, Lösungen suchen. ... Rüstig
am Werk ist Julius Weismann, der einen Stil zwischen dem Brahmsischen und dem
Modernen, jedenfalls aber Geschlossenheit sucht ... Ein Umstürzler ist er
nicht, eher ein Abseitiger, der namentlich in Kammermusikwerken ein zurückhaltendes
Wesen bekennt." (S. 232) Richard Wagners Enkel Wieland Wagner, der sich
gegen Weismanns Lebensende intensiv um ihn kümmerte, sah Weismanns Musik
"... in den Bereichen des Meta-physischen beheimatet, er empfindet sich nur
als Mittler eines Geschenkes, das er in begnadeter Stunde empfängt. Modernste,
in den Grenzbezirken der Tonalität schweifende Harmonik verbindet sich organisch
mit unerbittlicher Strenge und gläubiger Demut der musikalischen Konzeption." Nach
dem Zweiten Weltkrieg war das Interesse an neuesten musikalischen Entwicklungen
so groß, daß in Deutschland Komponisten, die nicht die Richtungen
von Hindemith, Strawinsky, Schönberg und Webern weiterführten, als "konservativ"
beiseitegeschoben wurden. Für Individualisten wie Julius Weismann war nur
wenig Platz. Hinzu war sein Werk bei Herausgabe des ersten Werkverzeichnisses
1955 auf 20 verschiedene Verlage zersplittert, und ein großer Teil der Kompositionen
war nur im Manuskript vorhanden. Doch schon längst ist die Zeit dafür
reif, die Musik Weismanns neu zu entdecken. 1954 wurde unter Anregung von Wieland
Wagner das Julius-Weismann-Archiv in Duisburg gegründet. Weismanns Manuskripte,
Skizzenbücher sowie weitere Materialien des Archivs wurden 1981 als Dauerleihgabe
an die Duisburger Stadtbibliothek übergeben. Und von Duisburg aus setzt sich
die Geschäftsstelle des Archivs für die Verbreitung von Weismanns Schaffen
ein.
Gerd Rataj
(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Labels MDG www.mdg.de)
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