BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: op. 97e2


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Ave Maria für 6 - 8 stimmig-gemischten Chor a capella, op. 97e2 (1993/1997)

 

Ave Maria

 

Uraufführung: 20. Mai 2001, Würzburg, Kiliansdom
Würzburger Domchor / Siegfried Koesler

Widmung: Herrn Domkapellmeister Siegfried Koesler in Freundschaft gewidmet

Aufführungsdauer: 3'30'' Minuten

Autograph:
Titel: Ave Maria
Umfang: 4 Seiten
Datierung: Würzburg 11.12.97

Aufbewahrungsort:

Verlag: Schott Music C 53543 / ISMN: 979-0-001-16909-7

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Ave Maria

Ave Maria, gratia plena,
Dominus tecum.
Benedicta tu in mulieribus,
et benedictus fructus ventris tui, Jesus.

Sancta Maria, Mater Dei,
ora pro nobis peccatoribus
nunc et in hora mortis nostrae.


Amen.

Übersetzung:

Gegrüßest seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir.
Du bist gebenedeit unter den Frauen,
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.
Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Amen.

 

Das vorliegende Ave Maria ist eine im Dezember 1997 entstandene Umarbeitung der Motette "Gegrüßet seist du, Maria", die Bertold Hummel am 20. Mai 1993 komponierte und dem Gedenken seiner tief gläubigen Schwester Erika widmete. Diese lateinische Version dedizierte er dem Würzburger Domkapellmeister Siegfried Koesler, der ihn zu manchem geistlichen Werk anregte. Mit ihm und dem Brucknerforscher Erwin Horn gründete er ebenfalls im Jahr 1993 das Würzburger Brucknerfest. So ist es nicht verwunderlich, dass mein Vater in dieser Motette Bruckners berühmtes 7stimmiges Ave Maria anklingen lässt: Im ersten Abschnitt wählten beide Komponisten die Gegenüberstellung von Ober- und Unterstimmen, und auf den Namen Jesus zitiert Bertold Hummel die brucknersche Schlusskadenz vor dem Amen.
Der Text des Ave Maria basiert auf den Bibelstellen des Lukas-Evangeliums (Lk 1, 28b, 42) die sich im Laufe der Zeit um Zusätze wie Jesus (14. Jh.) und die Anrufung Mariens (16. Jh.) erweiterten. Im Jahr 1568 erhielt es durch die Aufnahme in das Brevier Pius' V. offiziellen Gebetscharakter.

Martin Hummel 2009


Presse

Musica sacra, Heft 3/2011

Stilrichtung/Prinzip: Die Motette lebt vom Element des Dialoges, dessen Partner hier durchgängig die Ober- und Unterstimmen sind. Zeitversetzte Einsätze mit thematisch gleichem Material auf einer anderen Tonstufe bewirken reiche Klangfärbungen und eine Steigerung der Intensität der Bitten. Dynamisch schöpft Hummel die gesamte Bandbreite emotionaler Ausdrucksmöglichkeiten aus. Vom beinahe flüsternd und durch die gesetzten Stakkati zugleich intensiven "Ora pro nobis" bis zum an einen Aufschrei erinnernden Forte über "peccatoribus" reicht das Spektrum - eine dynamische Entwicklung, die sich auch in anderen Abschnitten des Ave Maria zeigen lässt.

Form/Struktur/Charakter: Das Ave Maria ist in Auseinandersetzung mit Bruckners 7-stimmiger Motette gleichen Namens entstanden und nimmt in mehrfacher Hinsicht Bezug auf die weithin bekannte Vorlage. So greift Hummel die dialogische Konzeption der Frauen- und Männerstimmen auf und zitiert bei der Vertonung des Namens Jesu die von Bruckner vor dem Amen verwendete Schlusskadenz. Interessant ist die symbolträchtige Verzahnung der Taktarten 3/4 und 4/4 zu Beginn des Stückes, die in der mittelalterlichen Symbolsprache die Verbindung von Himmel und Herde repräsentieren.

Interpretatorische Anforderungen: Trotz der achtstimmigen Anlage ist die Motette von gemäßigtem Ambitus. Die herausfordernde und zugleich klangschöne Tonsprache Hummels erfordert einen intonationssicheren Chor.

Verwendung: Die Motette ist gleichermaßen für Liturgie und Konzert geeignet.

Warum man sich dieses Stückes annehmen sollte: Bertold Hummel ist einer der wenigen zeitgenössischen Komponisten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, in der Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil liturgiegerechte und auch für Gemeindechöre aufführbare Musik zu komponieren, die zugleich den Dialog zur vom Raum der Kirche weitgehend abgekoppelten zeitgenössischen Musik lebendig hält. Ihre faszinierende Klangwelt und ihre durchdachte Konzeption sind jeder Mühe wert.

Barabara Stühlmeyer


Erstausgabe: Feuchtinger & Gleichauf, Regensburg