BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 85a


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Tripartita für Akkordeon und Streichquartett op. 85a (1986)

I. Invokation

II. Lamentation Anfang

III. Konklusion

 

Uraufführung: 23. März 1986, Trossingen, Dr. Ernst-Hohner-Konzerthaus
Hugo Noth / Joachim Quartett (Volker Worlitzsch / Friedemann Kober / Monika Hüls / Stephan Haack)


Aufführungsdauer: 21 Minuten

Autograph:
Titel: Tripartita für Akkordeon und Streichquartett op. 85
Umfang: 51 Seiten
Datierung: I. - / II. 31.12.85 / III. 6.1.86
Aufbewahrungsort: Bayerische Staatsbibliothek, München

Verlag: Schott Musik International ED 9711 / ISMN M-001-13631-0

I.II.III.

Literaturliste des Deutschen Musikrates für den Wettbewerb "Jugend musiziert":
Schwierigkeitsgrad 5/ sehr schwierig (Oberstufe)

Video: Hummelwerke auf youtube

 

Von Hugo Noth angeregt, entstand das Werk in den Monaten September 1985 bis Januar 1986.

1. Invokation (Anrufung):
Von einer viertönigen Geste ausgehend, werden stationäre 8-stimmige Streichquartettklänge gewonnen. Verschiedene Rufgebilde wechseln mit immer wiederkehrenden Klanggebilden und kurzen Melodieabläufen ab. Eine ausführliche Akkordeon-Kadenz, die das diverse Tonmaterial zu verknüpfen sucht, wird von Akkordblöcken der Streicher eingerahmt. Mit bohrenden Wiederholungen endet der Satz im dreifachen Forte.

2. In starkem dynamischen Kontrast hierzu steht die Lamentation. Die Glissando-Möglichkeiten des Akkordeon werden gekoppelt mit Glissando-Techniken der Streicher. Im Mittelpunkt steht eine breit angelegte Steigerung über einer ostinaten Basslinie im Akkordeon. Nach dem Höhepunkt (im goldenen Schnitt) wird die Dynamik rasch abgebaut; kurz wird die Anfangsstimmung wieder aufgenommen und in wenigen Takten ausgeblendet.

3. Konklusion:
Nach kurzer, im Tempo zurückhaltender Einleitung beherrscht ein virtuoses Vivace das Satzgeschehen, welches durch Tangorhythmen, kurze Choralgebilde, verhalten melodische Abschnitte wiederholt unterbrochen und gegliedert schließlich einem markanten Abschluß zugeführt wird.

Ich würde mich freuen, wenn es mir mit op. 85 gelungen wäre, einen konstruktiven Beitrag zum Thema: Kammermusik mit Akkordeon zu liefern.

Bertold Hummel

 

Presse

Trossinger Nachrichten 3.1986

Dann wurde das "Bonbon" unter den elf Erstlingen serviert. In "Tripartita" für Streichquartett und Akkordeon gewinnt Bertold Hummel aus den vier Tönen b, as, d, e für die Streicher achtstimmige Sekundklänge aus übereinandergelagerten Sexten. Daneben melodisiert das Akkordeon das Material. Raffiniert verknüpft Hummel die beiden Klangwelten immer neu. Markant endet das Stück nach virtuosem von Skalen und Tremoli bewegten Schlußsatz. "Tripartita" wird sicher bald festes Repertoire dieser Besetzung werden.

 

Die Neckarquelle 25.3.1986

Dahin die Zeiten, in denen der Klang gleichsam nur in seinem Aggregatszustand von Interesse war; wieder ist er wichtiges Mittel des Ausdrucks, nicht mehr Selbstzweck, wohlfeil für Spekulierer, die sich Komponisten nennen. Bertold Hummels "Tripartita" für Akkordeon und Streicher, uraufgeführt vom "Joachim-Quartett" und Hugo Noth, spielt solchermaßen den Klang neu aus. Im zweiten Satz ("Lamentation") erwirken glissandi wundersamste Verquickungen dieser so grundverschiedenen Instrumentaltypen. Dramatisch hebt das Werk an, intensiviert den Dialog bis dato nie geahnter Dichte und Konzentration. Kaleidoskopisch brechen sich expressive Gesten und kurzgliedriges Figurenwerk bis gegen Schluss, als fulminantem Kehraus.
Hummel bindet seine Ideen durchaus mit traditionellen Formrastern; die Musiksprache wirkt originell, wir sind geneigt zu sagen: polyglott. Die "Tripartita", vom Publikum begeistert aufgenommen, erwies sich als eines der wenigen gültigen Werke der Akkordeon-Kammermusik, welche bei den diesjährigen "Trossinger Musiktagen" vorgestellt werden konnten.

 

NMZ 1986

Bertold Hummels "Tripartita" bestach durch schlüssig miteinander verbundene Rufgebilde, einem auf Glissando-Abläufen aufgebauten Mittelsatz und einem abschließenden virtuosen Satz mit verschiendenen rhythmischen und melodischen Elementen. Hummel schrieb griffige, unmittelbar nachvollziehbare und verständliche Musik.

Anne Borkowki