BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 1b


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Streichtrio in E für Violine, Viola und Violoncello op. 1b (1948)


I. schwungvoll, bewegt

II. langsam, fließend

III. Finale, lebhaft

 

Uraufführung: 24. Februar 1950, Freiburg, Universität, Hörsaal 5
Marianne Schmidt / Edith Klein / Bertold Hummel

Aufführungsdauer: 10 Minuten

Autograph:
Titel: Streichtrio in E (1948)
Umfang: 15 Seiten
Datierung: -
Aufbewahrungsort: -

Verlag: Schott Music ED 20293 / ISMN: M-001-14998-3

I. II. III.

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Wer in den unveröffentlichten Werken großer Komponisten stöbert, findet so manche „Jugendsünde“ — vorausgesetzt, die Komponisten haben nicht alles sorgfältig vernichtet, was ihnen nicht der Vergabe einer Opuszahl wert erschien. Nicht so bei Bertold Hummel, der in den neunziger Jahren ein Manuskript zur Veröffentlichung freigab, das er als Zweiundzwanzigjähriger verfaßt hatte und das ihm das Zeugnis früher Meisterschaft ausstellt. Mit dem Streichtrio op. 1b aus dem Jahre 1948 präsentiert Hummel sich als erfahrener Kammermusiker, der mit musikantischem Schwung aufzuwarten weiß. Läßt man in der Retrospektive die Musikgeschichte der Nachkriegsjahre Revue passieren, so fallen einem viele Werke auf, die mit bemerkenswerter Ernsthaftigkeit und Gediegenheit „gearbeitet“ sind. Man denkt dabei unwillkürlich an die Wiederaufbau-Mentalität jener Jahre. Hiervon jedoch weiß sich der aus kurzfristiger Kriegsgefangenschaft heimgekehrte, jugendliche Komponist frei: Schwungvoll bewegt intoniert die Violine ein Thema a-periodischer Bauart, von Taktwechseln durchzogen, das als Material für einen Sonatensatz fungiert, der die Handschrift eines spielerisch veranlagten Kalkulators trägt. Ganz in der Nähe Strawinskys und Blachers angesiedelt ist insbesondere das toccatenhafte Finale mit polymetrischen Strukturen.

Klaus Hinrich Stahmer (in: Die Kammermusik als persönliches Bekenntnis", Tutzing 1998)

 

Presse

Badische Zeitung 13.7.1950

Als starke kompositorische Begabung lernte man dann den jungen Bertold Hummel kennen, dessen dreisätziges Streichtrio in E, das an diesem Abend seine öffentliche Uraufführung erlebte, mehr als eine Talentprobe bedeutet. Verleugnet sich auch bei dem Genzmer-Schüler in mancher Einzelheit nicht der Einfluss Hindemiths, so gelangte er doch aus echtem Impuls bereits zu Eigenem, etwa in der geschärften Klangstütze zur großen Cello-Kantilene des langsamen Mittelsatzes oder in der prägnanten Rhythmik des Schlusssatzes. Dem prächtig musikantisch beschwingten Stück erspielte der Komponist auch als temperamentvoll führender Interpret am Cellopult zusammen mit Marianne Schmidt (Violine) und Edith Klein (Viola) einen entschiedenen herzlichen Erfolg.

 

Badische Zeitung 24.7.1950

Das Streichtrio in E von Bertold Hummel offenbarte einen Musiker, der mit den Instrumenten eine musikalische Konversation zu führen weiß, die von echtem geistigem Feuer genährt ist, und eine Komposition von soliden handwerklichen Grundlagen und starken Spannungsintensitäten, bisweilen etwas schroff in der Aussage, auf alle Fälle gänzlich unkonventionell und frei von jeder Effekthascherei.

Hanns Reich

 

Fritz Werner
"…ein gedicht soll kraft zum leben geben"
Erinnerung an Rainer Maria Gerhardt

"gruppe der fragmente freiburger kreis 1. Veranstaltung dichtung musik malerei Freitag, 24.2.1950 20h. universität hörsaal 5". Ein auffälliges Plakat, 60 X 25 , aus dem auf Packpapier aufgetragenen Schwarz die braune Schrift stehen gelassen. Ein ungewohntes Bild des Hörsaals mit seinen etwa 60 Besuchern, zumeist jungen Menschen. An den Wänden kräftige Holzschnitte von Erwin Steitz und Helmut Bischoff. Daneben interessante Monotypien von Waldemar Epple. Ungewöhnlich auch das 22 Minuten lange "Gedicht" von Claus Bremer. Dann traten sie auf, die Dichter, Malerdichter, wurden Übersetzungen eben dieser Dichter, von Perse und Pound gelesen, erklang das Streichtrio in E des hochbegabten Genzmer-Schülers Bertold Hummel. Und es las auch eigene Lyrik der Kopf dieser Gruppe, Rainer Maria Gerhardt. Ich weiß nicht was er las. Auf dem Programm steht Die große Mauer. Ich weiß nur noch, daß seine Sprache elektrisierte, daß es ein völlig neuer Ton war, eine Unverbrauchtheit der Worte, die aufwühlte. Der erste Sprung in die Öffentlichkeit war getan. Es fällt schwer, nach mehr als 40 Jahren diese Zeit wieder lebendig zu machen und was ich dazu zu sagen habe, kann nur ein persönliches Bekenntnis zu einem jungen Dichter sein, der für mich der Anfang eines neuen Dichtungsbewußtseins war.

Allmende 32/33. Elster Verlag Baden-Baden, 12. Jg. 1992



Erstausgabe: J. Schuberth & Co., Eisenach 1995