BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 107d


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110901 für Schlagzeug und Sprecher (Text: Reiner Taudin), op. 107d (2001)

 

Hörbeispiel: II. III.a 

Uraufführung: 9. November 2002, Nürnberg, Tafelhalle
Andrea Schneider / Rainer Kretschmann

Aufführungsdauer: 8 Minuten

Autograph A/B:
Titel: 110901 für Schlagzeug Solo op. 107d /
110901 für Schlagzeug Solo op. 107d
Umfang: 3 Seiten / 3 Seiten (mit eingefügtem Text)
Datierung: - / -
Aufbewahrungsort: Bayerische Staatsbibliothek München

Verlag: Zimmermann Musikverlag Frankfurt ZM 34620 / ISMN: M-010-34620-5




Schlagzeuglegende

Die Anregung, die Geschehnisse des 11. September 2001 künstlerisch zu verarbeiten und zu kommentieren, ging von Frau Cornelia Großmann aus. Der nachdenklich stimmende Text "Schwarzer Dienstag" von Reiner Taudin, den ich per Zufall in der Zeitschrift "Der Gesundheitsberater" fand, schien mir für eine musikalische Umsetzung sehr geeignet. So entstand 110901 für Sprecher und Schlagzeug im November 2001.

Bertold Hummel

 

Die Einleitung führt zu einer erstem Akkordballung, auf welche die erste Textpassage folgt. Eine zweite Akkordverdichtung wird aufgebaut, gefolgt von der zweiten Textpassage. Das Vibraphon bestimmt klanglich den Mittelteil mit der dritten Texteinblendung und lässt die abschließende Textstelle mit ihren drei Fragen ausklingen. Es folgt eine kurze instrumentale Zusammenfassung des musikalischen Materials. In der Coda werden die ersten sieben Töne des Bachchorals "O Haupt voll Blut und Wunden" zitiert. Im äußersten Pianissimo verklingt das Werk.

(Einführungstext des Bayerischen Rundfunks 2002)

Reiner Taudien

Schwarzer Dienstag
11. September 2001

I

Zersprengt der Mythos
der Allmächtigkeit.
Eisengeflügelter Terror mitten
im Herz der Weltkapitale.
Manhattan marktief erschüttert.
Massentod im Gefolge hellen Wahns.

II

Offenen Mundes versteinert
die Welt, furchtnackt,
verschlagen die Sprache.
Einen Wimpernschlag lang.
Es jaulen die Börsen
und Broker beweinen den
Sturzflug der
Kurse.
Haie drehen die
Ölpreisschraube.
Es spricht der Präsident:
Die Regierungs und Finanzgeschäfte
gehen weiter.

III a

Entschlossene Trauer zwischen
Gewinn und Verlust.
Blumen schickt die freie Welt.
Fassungslos-unschuldweiß
beklagen das Schreckenswerk des Bösen.

III b

Als seien die Nattern des
religiösen Wahns nie am Tisch
gesessen der Guten
im Schacher um Macht und Öl.
Halbmast flaggt der Hochmut
des Kapitals.

IV

Und nun? Vorwärts ins Mittelalter?
Glaubenskriege im Namen der Götter?
Wallstreet gegen Babylon?

© 2002 by Musikverlag Zimmermann, Frankfurt am Main



Presse


Main-Post, 18.11.2002

Hummels Untermalung des Textes verursacht Beklemmung - beängstigend wirkt durch die Musik schon die Erwähnung des Ereignisses selbst, die sprachlos versteinerte Welt wird durch Holzblock undTrommeln trocken und kalt verdeutlicht, der Trauer entsprechen dann wieder zartere Klänge des Vibrafons - ein eindrucksvolles Beispiel der Erschließung des emotionalen Gehalts von Worten durch die Musik.