Peter Jona Korn (30. März 1922 Berlin - 12. Januar 1998 München)


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Laudatio zum 65. Geburtstag von Peter Jona Korn,
die Bertold Hummel am 23.3.1987 in der Hochschule für Musik in Würzburg hielt

Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Bei jedem Versuch, Peter Jona Korn zu portraitieren, ist es unumgänglich von seiner Vielseitigkeit zu berichten. Da ist sein umfassendes Oeuvre - von der einfachen Spielmusik für Laienmusiker über anspruchsvolle Kammermusik verschiedenster Gattung bis hin zu großen Orchesterwerken - vom einfachen Chorsatz über ein reiches Liedschaffen bis hin zur großen Kantate und zur Oper.
Da ist eine permanente, immer wieder intensivierte dirigentische Tätigkeit, die sein kompositorisches Schaffen begleitet.
Da gibt es eine erfolgreiche Tätigkeit als Kompositionslehrer und sein langjähriges Wirken als Direktor des Richard-Strauss-Konservatoriums.
Da gibt es den zeitraubenden Einsatz in berufsständischen Gremien wie Komponistenverband und Gema für die Interessen der Kollegen.
Und da ist schließlich sein schriftstellerisches Werk, das ihn neben seinem kompositorischen Schaffen weithin bekannt gemacht hat.
Welches Arbeitspensum hinter dem eben Gesagten steht, lässt sich nur erahnen und kann nur Bewunderung hervorrufen.
Ich versuche weiter zu portraitieren:

Schon mit sieben Jahren von Otto Klemperer in Berlin als Begabung erkannt und gefördert - gerät der 11-jährige Peter Jona 1933 in den unseligen Strudel politischer Umwälzung. Es beginn eine lange Wanderschaft immer auf der Suche nach einer neuen Heimstatt. Er wird zum Wanderer zwischen den "Welten". England und Palästina sind die ersten Stationen, hier verliert er den Vater, der an den Folgen seiner Inhaftierung im KZ Sachsenhausen stirbt.
1941 wandert er weiter nach den USA. In unruhiger Kriegs- und Nachkriegszeit begegnet Korn den wesentlichen Emigranten des alten Europa in Los Angeles. Versuchte Anpassung, Heirat und Familie gibt ihm endlich das Gefühl der Geborgenheit.
Vorsichtige Kontaktaufnahme mit der alten Heimat erfolgt in den 50er Jahren.
In den 60er Jahren fasst er den Entschluss, nach Deutschland zurückzukehren.
Es wäre Peter Jona Korn, zu dessen Lehrern Stefan Wolpe, Edmund Rubbra, Ernst Toch, Arnold Schoenberg und Hans Eisler gehören, nun ein leichtes gewesen, auf den damals mit Express fahrenden seriellen Avantgardezug aufzuspringen und die entsprechende Karriere zu machen. Statt dessen entschied er sich für den mühevollen und dornenreichen Weg des Einzelkämpfers. Seiner Überzeugung treu bleibend und seiner Sache vertrauend, keiner sogenannten "Richtung" angehörend, ging und geht es ihm um die Humanisierung der Musik.
Ich denke gerne an das erste Auftreten Peter Jona Korn 1966 in Würzburg zurück, als er seinen auch heute noch aktuellen Vortrag "Musik zwischen Verstand und Empfindung" hielt. Natürlich war demütige Selbstbemitleidung nie seine Sache.
Sowohl Feder als auch Zunge wurden im Not- und Ernstfall gespitzt. In der Tat, er war und ist für viele ein unbequemer Zeitgenosse. So entstanden eine Reihe von pointenreichen Schriften, Aufsätzen und Reden, die - gelinde gesagt - nicht ganz frei von Polemik sind.
Die bekannteste Auslassung ist wohl der Titel: "Musikalische Umweltverschmutzung". Neben begeisterter Zustimmung gibt es bis heute erbitterte Feindseligkeit der dort Betroffenen, wahrscheinlich auch deshalb, weil sich so manche Prognose Korns inzwischen bewahrheitet hat.
Es gibt daneben aber auch den charmant-spritzigen Korn, der mit echten Berliner Humor den Nagel auf den Kopf trifft. So manche Glossen in führenden westdeutschen Zeitungen stammen aus seiner "pseudonymen" Feder.
Darüber soll nicht vergessen werden, dass ein kompositorisches Werk herangereift ist, das in imponierender Weise die jahrelangen Erfahrungen und Erkenntnisse in sich vereint und das die Persönlichkeit Peter Jona Korns besser vermittelt als dies Worte vermögen.
Über sein Komponieren sagt Korn: "Jede ausgefeilte Kompositionstechnik hat ihren Sinn und ihre Funktion. Ich verwende alle musikalischen Mittel, die ich brauche, von der strengsten Tonalität, die für mich nach wie vor der zwingende Ausgangs- und Endpunkt allen musikalischen Geschehens ist, über die freie Tonalität bzw. Atonalität bis hin zur Dodekaphonie. Damit bekenne ich mich offen zur Eklektik und glaube, mich dabei in der allerbesten Gesellschaft zu befinden. Denn wie der Maler Max Liebermann einmal sagte: "Wo die Bejabung uffhört, fängt der Stil an!""

Wir freuen uns, Peter Jona Korn heute unter uns zu haben und ihn anlässlich seines 65. Geburtstages mit seiner Musik zu feiern. Wir wünschen ihm, der nun bald in den Beamtenruhestand treten wird, noch ein langes und erfolgreiches Wirken als "unpensionierbarer" schöpferischer und kritischer Geist.
Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, dass ich ein persönliches Wort hinzufüge:
Lieber Peter, ich danke Dir für eine langjährige, verlässliche, großzügige und geistig immer anregende Freundschaft. Bleib wie Du warst, wie Du bist, noch viel Jahre.

Auszüge dieser Laudatio wurden unter dem Titel: "Komponist und Streiter: Peter Jona Korn wird 65 - Zwischen allen Stilen" am 30. März 1987 in "DIE WELT", Nr. 75 veröffentlicht.

Peter Jona Korn und Bertold Hummel, Dorfgastein 1976


Bertold Hummel: Tombeau für PJK

 

Biografie
Peter Jona Korn geboren am 30. März 1922 in Berlin
1932 Kompositionsunterricht an der Berliner Musikhochschule (Spezialklasse für begabte Schüler)
1933 Emigration nach England
1934 Studium bei Edmund Rubbra (London)
1936 Studium bei Stefan Wolpe (Jerusalem)
1939 Studium bei Hermann Scherchen (Tel Aviv)
1941 - 1942 Studium bei Arnold Schönberg (Los Angeles)
1944 US-Staatsbürgerschaft
1946 - 1947 Studium bei Ernst Toch, Hanns Eisler, Miklos Rosza
1948 Gründung des New Orchestra of Los Angeles
1953 Erste Rückkehr nach Deutschland
1957 Erste Konzertreisen und Aufführungen in Europa
1960/61 Kompositionslehrer am Trapp-Konservatorium München;
Huntington Hartford Foundation (mehrere Stipendien)
1964/65 Gastprofessor an der University of California (Los Angeles)
1967 - 1978 Direktor des Richard-Strauss-Konservatoriums München
Gestorben am 12. Januar 1998

Werke
Oper „Heidi in Frankfurt“
Kantate „Der Psalm vom Mut“
4 Symphonien
diverse Ouvertüren und Suiten
Werke für kleines Orchester und Streichorchester
Symphonie für großes Blaßorchester
Konzerte für Violoncello, Oboe, Horn, Altsaxophon, Violine, Trompete, Cembalo, Akkordeon mit Orchester
Solo-Gesänge mit Orchester
Solowerke für Klavier, Orgel, Violine, Violoncello, Flöte, Harfe
Duos mit Klavier oder Orgel für Violoncello, Violine, Bratsche, Oboe, Horn, Trompete, Posaune, Schlagzeug
Kammerensembles in verschiedenen Besetzungen
Lieder, Chöre

www.peterjonakorn.com