Laudatio
zum 65. Geburtstag von Peter Jona Korn, die Bertold Hummel am 23.3.1987
in der Hochschule für Musik in Würzburg hielt Meine
sehr verehrten Damen und Herren!
Bei
jedem Versuch, Peter Jona Korn zu portraitieren, ist es unumgänglich von
seiner Vielseitigkeit zu berichten. Da ist sein umfassendes Oeuvre - von der einfachen
Spielmusik für Laienmusiker über anspruchsvolle Kammermusik verschiedenster
Gattung bis hin zu großen Orchesterwerken - vom einfachen Chorsatz über
ein reiches Liedschaffen bis hin zur großen Kantate und zur Oper.
Da
ist eine permanente, immer wieder intensivierte dirigentische Tätigkeit,
die sein kompositorisches Schaffen begleitet.
Da
gibt es eine erfolgreiche Tätigkeit als Kompositionslehrer und sein langjähriges
Wirken als Direktor des Richard-Strauss-Konservatoriums.
Da
gibt es den zeitraubenden Einsatz in berufsständischen Gremien wie Komponistenverband
und Gema für die Interessen der Kollegen.
Und
da ist schließlich sein schriftstellerisches Werk, das ihn neben seinem
kompositorischen Schaffen weithin bekannt gemacht hat.
Welches
Arbeitspensum hinter dem eben Gesagten steht, lässt sich nur erahnen und
kann nur Bewunderung hervorrufen.
Ich
versuche weiter zu portraitieren:
Schon
mit sieben Jahren von Otto Klemperer in Berlin als Begabung erkannt und gefördert
- gerät der 11-jährige Peter Jona 1933 in den unseligen Strudel politischer
Umwälzung. Es beginn eine lange Wanderschaft immer auf der Suche nach einer
neuen Heimstatt. Er wird zum Wanderer zwischen den "Welten". England
und Palästina sind die ersten Stationen, hier verliert er den Vater, der
an den Folgen seiner Inhaftierung im KZ Sachsenhausen stirbt.
1941
wandert er weiter nach den USA. In unruhiger Kriegs- und Nachkriegszeit begegnet
Korn den wesentlichen Emigranten des alten Europa in Los Angeles. Versuchte Anpassung,
Heirat und Familie gibt ihm endlich das Gefühl der Geborgenheit.
Vorsichtige
Kontaktaufnahme mit der alten Heimat erfolgt in den 50er Jahren.
In
den 60er Jahren fasst er den Entschluss, nach Deutschland zurückzukehren.
Es wäre Peter Jona
Korn, zu dessen Lehrern Stefan Wolpe, Edmund Rubbra, Ernst Toch, Arnold Schoenberg
und Hans Eisler gehören, nun ein leichtes gewesen, auf den damals mit Express
fahrenden seriellen Avantgardezug aufzuspringen und die entsprechende Karriere
zu machen. Statt dessen entschied er sich für den mühevollen und dornenreichen
Weg des Einzelkämpfers. Seiner Überzeugung treu bleibend und seiner
Sache vertrauend, keiner sogenannten "Richtung" angehörend, ging
und geht es ihm um die Humanisierung der Musik.
Ich
denke gerne an das erste Auftreten Peter Jona Korn 1966 in Würzburg zurück,
als er seinen auch heute noch aktuellen Vortrag "Musik zwischen Verstand
und Empfindung" hielt. Natürlich war demütige Selbstbemitleidung
nie seine Sache.
Sowohl
Feder als auch Zunge wurden im Not- und Ernstfall gespitzt. In der Tat, er war
und ist für viele ein unbequemer Zeitgenosse. So entstanden eine Reihe von
pointenreichen Schriften, Aufsätzen und Reden, die - gelinde gesagt - nicht
ganz frei von Polemik sind.
Die
bekannteste Auslassung ist wohl der Titel: "Musikalische Umweltverschmutzung".
Neben begeisterter Zustimmung gibt es bis heute erbitterte Feindseligkeit der
dort Betroffenen, wahrscheinlich auch deshalb, weil sich so manche Prognose Korns
inzwischen bewahrheitet hat.
Es
gibt daneben aber auch den charmant-spritzigen Korn, der mit echten Berliner Humor
den Nagel auf den Kopf trifft. So manche Glossen in führenden westdeutschen
Zeitungen stammen aus seiner "pseudonymen" Feder.
Darüber
soll nicht vergessen werden, dass ein kompositorisches Werk herangereift ist,
das in imponierender Weise die jahrelangen Erfahrungen und Erkenntnisse in sich
vereint und das die Persönlichkeit Peter Jona Korns besser vermittelt als
dies Worte vermögen. Über sein Komponieren sagt Korn: "Jede
ausgefeilte Kompositionstechnik hat ihren Sinn und ihre Funktion. Ich verwende
alle musikalischen Mittel, die ich brauche, von der strengsten Tonalität,
die für mich nach wie vor der zwingende Ausgangs- und Endpunkt allen musikalischen
Geschehens ist, über die freie Tonalität bzw. Atonalität bis hin
zur Dodekaphonie. Damit bekenne ich mich offen zur Eklektik und glaube, mich dabei
in der allerbesten Gesellschaft zu befinden. Denn wie der Maler Max Liebermann
einmal sagte: "Wo die Bejabung uffhört, fängt der Stil an!""
Wir freuen uns, Peter
Jona Korn heute unter uns zu haben und ihn anlässlich seines 65. Geburtstages
mit seiner Musik zu feiern. Wir wünschen ihm, der nun bald in den Beamtenruhestand
treten wird, noch ein langes und erfolgreiches Wirken als "unpensionierbarer"
schöpferischer und kritischer Geist.
Gestatten
Sie mir, meine Damen und Herren, dass ich ein persönliches Wort hinzufüge:
Lieber
Peter, ich danke Dir für eine langjährige, verlässliche, großzügige
und geistig immer anregende Freundschaft. Bleib wie Du warst, wie Du bist, noch
viel Jahre. Auszüge
dieser Laudatio wurden unter dem Titel: "Komponist und Streiter: Peter
Jona Korn wird 65 - Zwischen allen Stilen" am 30. März 1987 in "DIE
WELT", Nr. 75 veröffentlicht. | Peter
Jona Korn und Bertold Hummel, Dorfgastein 1976 |
Bertold Hummel: Tombeau
für PJK
Biografie
Peter Jona Korn geboren am 30. März 1922 in Berlin 1932 Kompositionsunterricht
an der Berliner Musikhochschule (Spezialklasse für begabte Schüler) 1933
Emigration nach England 1934 Studium bei Edmund Rubbra (London) 1936 Studium
bei Stefan Wolpe (Jerusalem) 1939 Studium bei Hermann Scherchen (Tel Aviv) 1941
- 1942 Studium bei Arnold Schönberg (Los Angeles) 1944 US-Staatsbürgerschaft 1946
- 1947 Studium bei Ernst Toch, Hanns Eisler, Miklos Rosza 1948 Gründung
des New Orchestra of Los Angeles 1953 Erste Rückkehr nach Deutschland 1957
Erste Konzertreisen und Aufführungen in Europa 1960/61 Kompositionslehrer
am Trapp-Konservatorium München; Huntington Hartford Foundation (mehrere
Stipendien) 1964/65 Gastprofessor an der University of California (Los Angeles) 1967
- 1978 Direktor des Richard-Strauss-Konservatoriums München Gestorben
am 12. Januar 1998
Werke Oper
„Heidi in Frankfurt“ Kantate „Der Psalm vom Mut“ 4 Symphonien diverse
Ouvertüren und Suiten Werke für kleines Orchester und Streichorchester Symphonie
für großes Blaßorchester Konzerte für Violoncello, Oboe,
Horn, Altsaxophon, Violine, Trompete, Cembalo, Akkordeon mit Orchester Solo-Gesänge
mit Orchester Solowerke für Klavier, Orgel, Violine, Violoncello, Flöte,
Harfe Duos mit Klavier oder Orgel für Violoncello, Violine, Bratsche,
Oboe, Horn, Trompete, Posaune, Schlagzeug Kammerensembles in verschiedenen
Besetzungen Lieder, Chöre www.peterjonakorn.com
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