|   Herbstgesang, 
Hommage an Robert Schumann op.18  für Orchester (1989) 
Bertold 
Hummel gewidmet 
      Orchester: 1.picc.2(II=corA).2.2(II=dbn)-4.2.3.0-timp.perc-harp-strings 
      Uraufführung: 24.10.1990, Bad Reichenhall 
      Philharmonisches Orchester / Christian Simonis  
      
      
      
      Aufführungsdauer: 12 Minuten 
 
      
      
      Verlag: Bote & Bock (Boosey & Hawkes) 
        Rolf 
Rudin 
 Das Glück, in einer wichtigen Entwicklungsphase 
einen guten kompositorischen Mentor gefunden zu haben  (erschienen 
in CLARINO - Internationale Zeitschrift für Bläsermusik - 12/1995)  
        Unsere erste Begegnung 
erscheint mir im nachhinein wie eine glückliche Fügung. Denn damals 
- im Dezember 1985 - "schwänzte" ich eine wichtige Chorprobe, um 
im Frankfurter Konservatorium ein "Komponistenporträt Bertold Hummel" 
zu besuchen. Ich wollte in dieser Lebensphase von Frankfurt weg und suchte einen 
Studienort, wo ich neben einem guten Kompositionslehrer auch einen solchen für 
mein zweites Fach Dirigieren antreffen konnte. Nach Anhören von Bertold Hummels 
Orchesterwerk "Visionen" und der positiven und reifen Aura seiner Person 
war meine Entscheidung, nach Würzburg gehen zu wollen, nur noch Gegenstand 
organisatorischer Überlegungen. Ich konnte mit ihm einen Termin vereinbaren, 
an dem er Einblick in meine Partituren nehmen wollte. Und nach den üblichen 
Aufnahmeritualen im darauf folgenden Sommer war ich Schüler seiner großen 
Würzburger Kompositionsklasse.  Diese zeichnete sich vor allem darin aus, 
daß ihr Komponistentypen unterschiedlichster Couleur angehörten. Auch 
die Altersstruktur war sehr weit gespannt, so daß das "ganz junge Talent" 
auf den "reifen Meisterklassenanwärter" stieß, denn Hummel 
nahm die verschiedensten Gelegenheiten zum Anlaß, um die mehr oder weniger 
individualistisch veranlagten Charaktere in Kontakt zu bringen. So veranstaltete 
er fast regelmäßig Zusammenkünfte in privaterem Kreise. Zu einem 
solchen sommerlich netten Beisammensein - natürlich mit Gegrilltem und allem, 
was sonst noch dazugehört - konnte ich übrigens schon direkt nach meiner 
Aufnahmeprüfung dazustoßen; so schnell konnte das bei Hummel gehen.  
Auch in der wirklichen Arbeit gab es kein langes "Hin und Her": Es mußte 
konzentriert und zügig gearbeitet werden, um seinen Wünschen gerecht 
zu werden. Dies betraf allerdings nicht nur das kompositorische Element, sondern 
erweiterte sich auch auf den Bereich der praktischen Umsetzung nach Vollendung 
eines Werkes. Es wurden in jedem Semester Konzerte in Würzburg veranstaltet, 
wo wir als Klasse unsere Arbeiten einem durchaus großen Hörerkreis 
nicht nur hochschulintern vorstellen konnten. In die organisatorische Durchführung 
dieser Aktionen griff Hummel allerdings nur in Notfällen wirklich handgreiflich 
ein. So war seine "schützende Hand" eigentlich mehr ein Netz im 
Hintergrund, das uns erlaubte, viele Dinge selbst zu tun: mit allem freiheitlichen 
Raum, aber auch mit der ganzen, oft aufwendigen organisatorischen Arbeit. Daß 
dies auch zum KomponistSein dazugehört, dies ließ er uns spüren 
und verlangte einen entsprechenden Einsatz.  Die Kompositionsabende - soweit 
ich sie in meiner Studienzeit erlebt habe - spiegelten immer den toleranten Pluralismus 
des Kompositionslehrers Bertold Hummel. Er versuchte immer den Weg jedes einzelnen 
Schülers zu erahnen und ihm dann auf diesem seine Hilfestellung anzubieten. 
Man rieb sich in vielen Punkten aneinander, nie aber aus reinem Selbstzweck zur 
Darstellung ästhetischer Dogmen. Seine fördernde und stimulierende Akzeptanz 
bekam man des öfteren; ein wirklich begeistertes Lob war dagegen nur schwer 
zu erringen und deswegen um so ersehnter. Aber wenn es denn einmal kam, wurde 
es in voller Ehrlichkeit und aus Überzeugung ausgesprochen.  Was Hummel 
von kompositionstechnisch-handwerklicher Seite zu vermitteln suchte, ahnte ich 
schon in der ersten Stunde. Ich brachte ihm ein in Arbeit befindliches Klaviertrio 
mit, das ich in Ausschnitten nach der Lektüre des Notentextes auch am Klavier 
andeuten sollte. Ihn interessierte mein persönlicher expressiver Zugang zu 
meiner Musik eben auch in der eigenen klanglichen Darstellung. Nachdem wir ausgiebig 
über mein Trio und dessen geplante Vollendung sprachen, schrieb er mir schnell 
noch einige Töne in bestimmter Intervallstruktur auf einen Notenpapierfetzen. 
Mit diesem begrenzten Material sollte ich dann ein Englischhornsolo schreiben. 
Dies war meine erste gezielte Kompositionsaufgabe bei ihm.  Die kurze Schilderung 
meiner ersten Stunde zeigt, wie wichtig es Hummel war, die Verbindung von kompositorischer 
Strenge bezogen auf ein Komponieren aus einem kleinen Kern heraus und eine gewünschte 
Expressivität, die auch beim Hörer ankommt, zu vermitteln. Dies hat 
bis heute mein Arbeiten geprägt und dafür bin ich dankbar.  Zum Schluß 
möchte ich noch auf eine weitere Komponente hinweisen, die sowohl für 
sein Schaffen selbst als auch für seinen Unterricht charakteristisch sind; 
nämlich die Frage, ob man für Amateure schreiben soll/ kann/darf oder 
nicht. Diese Frage stellte für Hummel kein grundsätzliches Problem dar. 
Für ihn hat der Komponist - so, wie ich es verstanden habe -, neben der niemals 
anzuzweifelnden künstlerischen Aufgabe, seine Zeit in irgendeiner persönlichen 
Art und Weise in seinem Schaffen zu reflektieren. Dies ist auch eine soziologisch- pädagogische 
Verpflichtung. Diese Verpflichtung und deren befriedigende Erfüllung auch 
in seinen Schülern zu erwecken und weiterzuentwickeln, war im Zusammensein 
mit ihm eine nicht zu gering zu beachtende Dimension. Daß diese Einstellung 
auch im Medium Blasorchester seinen kompositorischen Niederschlag im Schaffen 
Hummels gefunden hat, ist ja hinlänglich bekannt.  Selbstverständlich 
ist der Kontakt zu meinem Lehrer auch nach Verlassen der in vielerlei Hinsicht 
Heimat gewordenen Hochschule nicht abgerissen, und so findet man in ihm immer 
wieder einen kritisch interessierten Gesprächspartner und Leser der neu entstandenen 
Stücke. Anläßlich seines diesjährigen 70. Geburtstages war 
es für mich eine Freude und Ehre, die interessierten Leser etwas Einblick 
in mein "Lehrer/Schüler-Verhältnis" zu Bertold Hummel nehmen 
zu lassen.  
       
      http://www.rudin.de/ 
       
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