An
der schönen blauen Donau Kammeroper nach
einem Libretto von Elisabeth Gutjahr (1993)
Meinem
verehrten Kollegen und Namensvetter Bertold Hummel
gewidmet
Besetzung: Elli
Maldaque (Sopran) - Irenes Stimme
(Mezzosopran) - Mechaniker/Vater (Bariton) - Die
Fischmaulmeier (Bass) - Der unbekannte
Geliebte (Schauspieler oder Tenor) - Der
Zuständige (Schauspieler)
Solistenensemble oder Streichorchester: 1.Violine,
2.Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Cembalo
Uraufführung: 20.
November 1993, Klagenfurt
Aufführungsdauer:
ca. 70 Minuten
Verlag:
Accent Musikverlag, Regensburg
Arte Nova 38023
Über
die Oper "An der schönen blauen Donau"
Ich weiß, daß der Titel meiner Oper "An der schönen
blauen Donau" in die Irre führen kann, doch die
Bitterkeit, die in der Distanz zum Lebensdrama der
Regensburger Lehrerin Elli Maldaque liegt, hat Für mich
eine ästhetische Nähe zu Ödön von Horváths G'schichten
aus dem Wienerwald. Die Leichtigkeit des Titels steht
hier mit böser Ignoranz über den tief tragischen
Verflechtungen des Dramas. Horváth war es auch, der
unserer Hauptfigur Elli das Schauspiel Die Lehrerin von
Regensburg widmete, das er allerdings nicht vollenden
konnte.
Die Geschichte der Lehrerin Elli Maldaque hat in den
dreißiger Jahren in Deutschland viel Aufsehen erregt und
sowohl die Psychiatrie als auch den Staat als Organ der
Bespitzelung einmal mehr in Mißkredit gebracht. Was ihr
widerfahren ist und zu ihrem frühen und unerklärlichen
Tod geführt hat, könnte vielleicht der "große
Lauschangriff" eines Tages in perfektionierter Form
wieder leisten.
Die Grundzüge der Handlung sind schnell erzählt, aber
nicht Gegenstand meines Interesses an diesem Stoff,
sondern nur die Bedingung, unter der die totale
Vernichtung einer vorbildlichen, idealistisch gestimmten
Persönlichkeit zustande kommt.
Die allseits beliebte und geachtete Lehrerin Elli
Maldaque, aufgewachsen in einem bedrohlich bigotten
Elternhaus im Regensburg der frühen zwanziger Jahre,
lernt die mit dem französischen Schriftsteller Henri
Barbusse befreundete Irene Neubauer kennen. Mit ihrer
Person kommt eine Vision ins katholische Regensburg, der
damals viele Geistesgrößen und Weltverbesserer anhingen:
der Kommunismus. Elli geht zu den Versammlungen, die
auch in Regensburg bereits einen festen Platz in der
Politszene gefunden haben, und spielt dort Klavier.
Obwohl sie sich den Kommunisten nicht anschließt, kann
sie sich der Faszination dieser ihr zutiefst christlich
erscheinenden Bewegung nicht entziehen. Irene und mit
ihr der Kommunismus stehen für eine bessere Welt, in der
alle Menschen gleichberechtigt füreinander da sind.
Elli versieht den Schuldienst nun mit noch größerer
Hingabe, doch die staatliche Bespitzelung hat ihre
Spinnenfäden bereits über sie geworfen. Als sie nach
mehreren Verwarnungen von ihrer Sympathie nicht abrückt
und immer noch beteuert, sie habe keine unchristlichen
Absichten, wird ihr die Demission vom Schuldienst
angedroht, gegen die die gesamte Elternschaft
protestiert. An diesem Punkt beginnt sich das Karussell
der Demontage ihrer Persönlichkeit zu drehen. Sie findet
eines Tages die Wohnung durchsucht, wird bedroht und
verfolgt, und die Zermürbungstaktiken des bestens
geübten Bespitzelungsapparats, der zwischen scheinbar
wohlwollenden Ratschlägen und Drohungen hin und her
pendelt, tun ihre Wirkung. Elli zeigt sich zunehmend
sensibilisiert, wenn jemand mit ihr über das Problem
spricht. Es wird ihr immer schwieriger, Freund und Feind
auseinanderzuhalten, und sie zieht sich mehr und mehr in
sich selbst zurück. So wird die zwar verängstigte, sonst
aber völlig gesunde Frau, nicht zuletzt durch
denunziatorische Machenschaften ihres eigenen Vaters,
schließlich als geistesgestört in die psychiatrische
Anstalt Karthaus-Prüll bei Regensburg eingeliefert, wo
sie unter ungeklärten Umständen wenig später stirbt.
Das Libretto von Elisabeth Gutjahr beschreibt nicht so
sehr den konkreten Fall und sieht die überlieferten
Einzelstationen dieses Schicksals bewußt nicht als
Haupthandlungsfoden. Es arbeitet das, was bei Ödön von
Horváth auch für die Schauspielbühne bereits angedeutet
ist, stärker heraus und hebt die von Elli gewissermaßen
mit subjektiver Kamera erlebte Welt ins Zentrum des
Geschehens. Das ermöglicht eine dichte lyrische Sprache
und zeigt Ellis Zustand und seine schleichenden
Veränderungen wie ein Wozzeck-Syndrom von innen heraus.
Die ganz und gar unpolitische Metaphorik tut ein
übriges, den Fall aus der Berichterstattungsebene
herauszuholen und ihm das Persönliche wieder
zurückzugeben, das er verdient.
Die Musik bebildert das Geschehen nicht. Sie soll dem
Stück die innere Weite geben, die ihm der Außenraum
versperrt.
Franz
Hummel
Franz
und Bertold Hummel, Riedenburg 1997
Message
an Franz Hummel 1999
Franz Hummel wurde 1939 in Altmannstein
geboren. Er studierte Klavier an der Hochschule für
Musik in München. Entdeckt und gefördert wurde er u.a.
von Richard Strauss, Eugen Papst und Hans
Knappertsbusch. Zunächst hat er sich als Klaviervirtuose
im Konzertsaal und mit über 60 Schallplattenaufnahmen
einen Namen gemacht. Er spielte auch Beethoven- und
Rachmaninoff-Konzerte mit bekannten Dirigenten wie Sir
Georg Solti. Mit ca. 39 Jahren beschloß er seine
Konzertlaufbahn zugunsten seiner schon seit frühester
Jugend angestrebter Kompositionsfähigkeiten zu beenden.
Der Schwerpunkt seiner Kompositionsarbeit liegt neben
Werken der Symphonik und der Kammermusik auf dem Gebiet
der Oper (König Übü, Ritter Blaubart, Gorbatschow-Oper,
Gesualdo-Oper, Beuys, Händel-Oper). Mit seinem König
Ludwig II.- Musical Sehnsucht
nach dem Paradies (2000) erreichte er größere
Bekanntheit. Außerdem hat er noch einige große
Instrumentalkonzerte geschrieben. Franz Hummel starb am
20. August 2022 in Regensburg.
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